Sonntag, 10. Dezember 2017

Frühaufsteherhymnus

Früh aufstehen:
Der Gnade nah sein.
Der Tag liegt vor Dir wie die Zukunft selber.
Noch schweigt die Geschäftigkeit,
einzig die Vögel freuen sich laut,
als wüssten sie mehr von dem, was kommt.
Langsam brummt es um Dich herum, Autos und Busse, Türen schlagen.
Jeden Tag aufs Neue Evolution:
aus dem Schlamm in die Höhe.
Die Elenden aber sehen Licht
und sind mit den Tränen nicht mehr einsam.
Das frühe Licht blendet nicht,
es gewöhnt Dich.
Und dann das stille, alles übertönende, tägliche Spektakel:
Die Sonne.
Es könnte Gott selber sein, fällt Dir ein, der so kommt.
Und Freude ergreift Dich:
Das hier ist nicht die volle Wahrheit.
Es gibt noch einen Tag hinter allen Tagen,
und ein Dämmern,
hinter dem Herrlichkeit liegt und nicht die tägliche Mühsal.
Doch dem Dank wohnt aber der bittere Geschmack des Sterbenmüssens inne:
jeden Morgen aufs Neue mahnt der anbrechende Tag die kommende Nacht.
Still formt sich in mir ein verschämter Hymnus,
der loben will,
wo doch alles Grund zur Klage hat.
Am Ende gewinnt die Sonne:
ihr banales C-Dur trägt größere Wahrheit.
Das gleißende Gelb ist Licht vom Licht,
und segnend breitet der Auferstandene die wunden Hände:
Alles wird gut.