Sonntag, 15. Dezember 2019

Advent. Kleine dreistimmige Fuge über Kommen, Gehen und Bleiben.

Er kam.
Er ging.
Er ging hin.
Er kam um hinzugehen zu denen,
von denen alle weggehen.
Er ging.
Er ging weg,
wohin alle gehen
und bleiben.
Er kam.
Er kam wieder,
Von wo gewöhnlich keiner wiederkommt.
Er kam zurück.
Er kam zurück zu denen, die von ihm gegangen sind.
Er blieb nicht.
Er ging.
Er ging zurück dahin woher
vor ihm noch niemand kam.
Er ging zu dem, von dem alles Kommen kommt.
Aus der Höhe in die Tiefe in den Abgrund
aus dem Abgrund
auf die Tiefe in die Höhe,
hohe Tiefe, tiefe Höhe
Abgrund am Abgrund
Fern/nah/ferner/näher/ganz fern/noch näher/weg,
ein gebet weit weg.
Wir warten.
Wir warten,dass er kommt, wie er schon einmal kam,
als er zu denen ging, zu denen niemand ging
und zu denen ging, die von ihm gingen
und kam von dort,
wohin alle gehen
und bleiben.
Wir warten, dass er kommt,
wie er kam
ohne gehen.
Wir warten auf  bleiben.
Bleiben ohne warten auf kommen ohne gehen.
Wir bleiben im warten
bis er kommt
und bleibt.
Bleibt die Frage
warum er nicht blieb.

Samstag, 7. Dezember 2019

Die Moderne, morgens um sechs nach Zeitungslektüre vom Bett aus betrachtet

Nichts als geschwätz
über geschwätz
über das nichts
das schwätzende nichts
und das nichtige geschwätz
schwätz nichts als nichts
das nichts dichtet
wahrheit
ich sitze hier
in pyjama: die nacht
nichtet und macht unwesentlich
frei

Freitag, 6. Dezember 2019

Nikolaus

Am strand
des vielgeliebten mittelmeeres
türkisch heute: demre
(„was sind die menschen dort nett
alles sehr sauber und billig“)

steht er
ganz ohne gürtel und rute
unfroh und unmunter zornig
ein meer sieht er: voll leichen

heut gibts nichts geschenkt
noch einmal hinaus auf see
in richtung des wüsten carthago
diesmal nicht kornklau:
menschenfischen
(keine metapher: gepeinigtes fleisch)

guter mann
und der kaiser war ihm auch
herzlich egal
er hatte ja den
zweinaturigen christus
in huren, kindern und bettlern
(keine metapher: verachtetes fleisch)

Lustig lustig trallalala
bald ist nikolausabend da
und ihr müsst nicht ersaufen.










Mittwoch, 27. November 2019

Geschrei

der worttumult
sterben wörter
wie fliegen
ein klatsch die lücke
und leer

Samstag, 16. November 2019

Larmoyante Lyrik schlachtet den Morgengrummel als großes Gefühl aus, Epos

Draußen so dunkel wie drinnen
im magen rumpelt das begehren nach Frühstück
Der warme pfürzepfühl nagelt dich fest
zipperlein machen es auch nicht leichter
paris soll im frühling sehr schön sein
hiob sitzt vor dir
(sonntag ist predigt und
upps, das ist ja schon morgen)
niemand bringt kaffee ans bett
und draußen ist regen
es ist schon ein
elend

Montag, 11. November 2019

Martinslied

Ich gehe mit meiner Laterne
Mein Vater mit Würstchen und Bier
Da oben da leuchten die Sterne
Hier unten verdunkeln nur wir 

Die Welt am Arsch
Sankt Martinsmarsch
Rabimmel rabammel
Kawumm 


Ich gehe mit meiner Latrine 
Und stampfe durch stinkenden Müll
Abdul zerfetzt eine Mine 
Der Regenwald stirbt mit Gebrüll 

Die Welt am Arsch
Sankt Martinsmarsch
Rabimmel rabammel
Kawumm 

Ich gehe mit meiner Ralterne 
und weiß nicht mal, was das wohl ist. 
Die Dichter, die reimen so gerne
und wär es auch völliger Mist

Die Welt am Arsch
Sankt Martinsmarsch
Rabimmel rabammel
Kawumm 


Samstag, 12. Oktober 2019

print

Nur ein löffelchen
nur ein auge voll
verlockend wie der chemische rausch
toxisch wie der tod
druckerschwärze

zeitenwende

Grossgeworden bin ich
mit angst
vor den russen
dabei wurde zu hause
russisch gesprochen
jetzt aber fürchte ich
die deutschen

Freitag, 11. Oktober 2019

DazuKeineVerseDasIstNichtPoetisch


Das Projekt
Liberale Gesellschaft
Erkauft in Paris einst
Mit Zehntausenden Köpfen
Und fraglich Unbefragbar seit Auschwitz
Geht zu Ende
(War nie da)
Wo Divers
Pervers ist
Ist alles Pervers
Was das heißt
Erleben wir nun:
„Unter die Sünde verkauft“
Kyrie eleison
Wir müssen uns
Mit Gebeten
Bewaffnen.

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Abgesang

Gebt den frauen die macht
und lasst die männer
ins feuer starren und sich
weiden an ihren lügengeschichten
der jäger wird nicht mehr gebraucht
und der krieger ist lästig
und bald schon braucht’s auch nicht mehr
die samenspendende röhre

Dienstag, 8. Oktober 2019

Sommertod

So dunkel schon
der himmel ein rußloch
voller schimmliger wolken
der frost wartet geduldig
hinter dem vorhang

Erste feuer verqualmen die luft
die eben noch ganz leicht
brannte auf der haut
jetzt riecht sie pilzig, vermodernd

ich liege im bett,
der traumterasse und drücke
ein tränchen weg jetzt schon
für meinen letzten sommer

Donnerstag, 5. September 2019

Stoßgebet

Wenn ich zu dir spreche
klingt es
wie eine schlechte Bachkantate
(wenn es die denn gäbe)
und das kann ja wohl
nicht mein ernst sein.
Sag mal was
dazu.

Montag, 26. August 2019

stille

Mach das fenster auf
lass die nacht rein
dass sie den tag vertreibt
mit seinem gelichter
und einzug halten
die sanften wesen
der schwärze

Sonntag, 25. August 2019

erkenntnis

Ein gedicht ist ja
bei lichte betrachtet
nichts als
prosa in versen

Samstag, 3. August 2019

Das Mystische (mit viel W)

Ich wandere meinen weg
am Wolfgangsee
und erwäge Wittgenstein.
Da windet sich
ein wurm vor mir im wasser
und es zeigt sich das leben:
unaussprechbar.

Dienstag, 30. Juli 2019

zu spät

Den wein zu lange aufgespart
die liebe zu sehr gefürchtet
die hölle des alters
heißt reue

Montag, 29. Juli 2019

Salzburg. Kein Loblied

Der pöbel rammelt sich
durch malerische gassen
(d.h. eng dunkel laut)
der neue adel
der schöngewesenen
und bald sonnenstudio-Davos-licht
verschrumpelt künftig schöngewesenen
Frauen nebst
wichtigen gatten (oder begatter)
rümpft die teuren Nasen
schaufenster lügen  glück
in alabatsterguss und
unbezahlbarem leinen
Vom mozarthaus (gerammel im quadrat)
zum Traklhaus (hinterhof, totenstille)
keine hundert meter
der eine mit denkmal geehrt
und (ehrlich: ekligen) kugeln
der andere singt in stein gemeißelt
im bumsgarten eines lüsternen bischof
sein schönstes lied
von nächtlichen sonaten
beide elend verreckt
mehr muss man über Salzburg
nicht wissen.

Sonntag, 28. Juli 2019

Im weißen Rössl

„Im weißen Rössl am Wolfgangsee,
da steht das Glück vor der Tür“
            bis heute, im Porsche SUV
„Was kann der Sigismund dafür,
dass er so schön ist?“
             er nichts, sein chirurg viel
„Im Salzkammergut,
da ka’mer gut
lustig sein“
             gut und lustig wäre besser
„Es musss was wunderbares sein,
von Dir geliebt zu werden“
            die Frau heißt Vogelhuber. sei ehrlich.
„Die ganze Welt ist himmelblau,
wenn ich in deine Augen schau.“
            wenn! (dirndl!)
„`s ist einmal im Leben so / allen geht es ebenso“
         Nein.  Ihr müsst keine Nazis  wählen.




Samstag, 27. Juli 2019

Sisi/Romy (Bad Ischl)

Deine haare
die tägliche qual
in der blaublutmuckibude
(fanatisch gegen den hässlichmacher geturnt
und dann
die geschliffene feile
in deiner schwindsüchtigen
brust (ausgerechnet. schon das wort:
dein kult um den nichtkörper:
schwiergermutterverkrüppelt katholisch,
fleischvergehung des ekels!)
und niemals sah ich dich kotzen
in den filmen,
die mir so
in die kindheit schienen.


Donnerstag, 25. Juli 2019

Alpen, aus 1800m höhe

Ich weiß, wie du es gemacht hast:
gipsbinde, kaninchendraht, sperrholz
bäume aus draht mit weißleim und flocken
die alten modellbauertricks.
Freilich: in 1:1 ist das was ganz andres.
Chapeau!

Wolfgangsee

Berge! Ihr steint da herum
hindert die sonne am Lauf
und seht kitschiger aus
als auf alten gemälden

See! Trakl und Mozart
ruderten auf dir
dein leuchtend kalkiges grünblau
erklärt einfach alles

Und sonst noch?
wiesen. riesige häuser
gebaut nach hollywoodfilmen
wo spielen in deutschland

Und natürlich heidnische tempel
die heißen hier kirchen
gewiss voller kunst
tu felix austria nube

Montag, 22. Juli 2019

Adore-no

es gibt kein falsches leben
im richtigen.
es gibt kein falsches leben
im falschen
es gibt kein richtiges leben
im richtigen.
es gibt kein leben
im leben
es gibt
nur dich

Dienstag, 16. Juli 2019

Antiliebeslied

Du findest kaffee sei bitter
und wasser schmecke nach nichts
tee ginge nur mit zwei löffeln zucker
und bratwurst schmecke nur vorher gebrüht

Da finde ich
dein leben zu süß
deine zunge zu taub
und ich weiß nicht was sonst
Mit dir los ist.

Ich finde in dir
nichts zu finden.

Freitag, 12. Juli 2019

sommerregen. Ein Idyll

Rauschen. Ein wort
das auf der zunge zergeht
wie der regen
rauschender regen
bei offenem fenster
lauschen eingeflaumt im bett
im rauschen eingebettet
die vorfinsternis -spätnachmittäglich -
hüllt ein und macht
apokalypsenlicht
der regen ein rausch
klärender träume von reinheit
und stillen des ewigen durstes
rauschen und lauschen
erregender regen
ach Danae deine Lust
nennt es nicht plätschern
sonst muss ich
aufs klo

Mittwoch, 10. Juli 2019

Zittern

Es mag frost sein
oder das alter
kälte jedenfalls oder
ein inneres grauen
vielleicht die hormone
oder es schüttelt sie
die lage so allein
unter männern die dann
davon erzählen mit
zitternder stimme
mag alles sein
eines aber zeigt sich:
ein ende. Da
kann einen doch
das zittern kommen.
Lasst sie in ruhe
zittern. Es ist wahr.

Dienstag, 9. Juli 2019

BuchGrammatik

Buch
   Bücher
      Am Büchesten
Sehr büchig.
Haben Sie schon gebucht (II)?
Buch-Stabieren baut billige Banalitäten
Nach dem aufwachen kaffe und büchstücken
Die apotheose der selbstverschwanzung:
buchschreiben über buchlesen
und vice versa egoarmut;
buchlesen übers buchschreiben
bookporn quasi
dann lieber
ausgebucht bücheln
mit buch den bach runter
ach stimmt ja: musik gibts auch noch:
schützt mir den bach vor händel
telemann muss ins fernsehen wer sonst
lest mehr bücher esst mehr obst
low carb vorsicht mit milch
bauch ist keine alternative
macht es euch gebüchlich
mit schrift
Sicut eritis.


Montag, 8. Juli 2019

wahrheit

Alte hirnphotos erzählen
dir lügen über dich
und wenn du das maul aufmachst
ist schon der hauch
vor dem ersten laut
vergiftet. Frag doch pilatus
wie es war, damals, angesichts
der blutigen wahrheit

Samstag, 6. Juli 2019

Astrologie

Glaub nicht was
die Sterne sagen
Sie eiern bloß
durchs vakuum und machen
helium aus wasserstoff
in einem eisigen himmel
in dem kein GOtt wohnt
Vielleicht nur ein alien
der in seinem alienkino
schlechte filme sieht
über zweibeinige sauerstoffatmer
die sexuelle experimente machen
mit entführten
Die Sterne lügen nicht
sie sagen gar nichts
sie gucken noch dümmer zurück
als die augen die fragend
nach ihnen schauen.
Glaube der erde
der erwählten
und ihren tränen.
Den sternen sind wir
vollkommen schnuppe.

Sonntag, 30. Juni 2019

Elegie, um Mitternacht auf der Terasse zu singen im juni

Schon hebt, kaum dass er gekommen
die klage an: er wird gehen
der längste tag ist doch
nur ein kippen. Heiß strahlt die sonne
die vögel bejubeln sich selbst
und unsichtbar lila bräunt das licht
die hungrige haut. Er zeigt uns
was schön ist: kochende leiber
und düfteschwer wehende winde
bratwusrt rasen und liebe
von allen toden
ist der jährliche tod des
herrlichen sommers
der schlimmste nicht aber
der elendste besser wäre
ihn gar nicht zu kennen.

Montag, 6. Mai 2019

Dunning/Kruger: ein Hymnos

Ich wäre gern dümmer.
Dann begriffe ich mehr.
Und wäre mir sicher

Samstag, 4. Mai 2019

Müde

Ich bin es so müde.
 Die Langsamkeit der Vernunft ist so ermüdend. 
Und immer und immer wieder keimt der Unsinn hoch, wie Unkraut. 
Auch jähes Jäten nutz nichts. 
Immer aufs Neue kommen die Raderfinder, 
die niemals in einem Archiv waren. 
Extrem und Exkrement sind seltsam assonant: sich ausdrücken, 
gibt es ein Wort dafür, es zu ertragen: Darmherzigkeit? 
Und immer und immer wieder ist plötzlich Weihnachten. 
Und immer und immer wieder werde ich müder und müder 
und es gibt für diese Müdigkeit keinen Schlaf. 
So gehe ich von Gähnen zu Gähnen und ringe darum, 
nicht einfach alles niederzubrennen, um mich noch ein letztes Mal zu wärmen. 
Was für ein Glück, dass ich erlöst bin. Kyrie eleison 
Das Meer des Schwachsinns zu durchsegeln ist darum immer noch besser, 
als Krieg und Gewalt. Ich brauche ja eigentlich nur
meine Hörgeräte rauszunehmen,  Gloria Patri. 
Anderswo sterben die Leute. 
Wer so müde ist, hört Auferstehung mit ganz neuen Ohren. Das Paradies kann nur ein Ort sein, wo die Müdigkeit wohlig ist. 

Samstag, 27. April 2019

Spielverderber

poetin, lausche; poet, merke auf:
du nennst dich dichter
hörst du das lachen der engel?
deine zunge ist schwer
deinen beinen fehlt tanz
deine wörrter sind ohne wort
dein dichten ist bloß trachten
und gerade wo‘s schön ist
stinkt es nach pisse und schweiß
Du bist also nichts als ein mischer
eine barfrau für schillernde cocktails
viel spaß. es wird dich freilich
nicht retten.



Freitag, 26. April 2019

Seriöse Bedenken

Warum nur musste Ernst in Haft?
War er wieder mal zu tierisch?
Hat der flotte Heinrich ihn verpetzt?
Oder ist er Emma zu nahe getreten?
Fragen über Fragen
Die Antwort ist flügge:
Lernt grade erst fliegen.

Sonntag, 21. April 2019

Prothetische Welterfahrung

Das Rauschen in meinen Ohren erlischt
wenn ich die Hörgeräte einsetze:
Es ist mein Körperlärm, den ich höre
wenn die Außenwelt leise wird.
Ohne Hörgeräte erfahre ich keine Stille.
Was aber brauche ich, um das Rauschen
in meinem Gehirn zu beenden, die Stimmen,
das Dröhnen und Wispern? Gibt es das:
Denkgeräte? Und in meinem Herzen erstmal!
Wer baut mir ein Fühlgerät
Das verläßlich ist wie die Haut der Geliebten
(aber erst, wenn sie tot ist: also niemals)?

Hymnos und Litanei: Logische Eskalation (statt Apokalypse), im Wechsel zu singen.

Allen gilt es wirklich
    (Sonst wäre es ja purer Zynismus)
Viele hören es wirklich
    (Da gibts noch was zu tun)
Einige verstehen es wirklich
     (Vermute ich mal, wie könnte es sonst
         soviel kluge Bücher darüber geben)
Keiner glaubt es wirklich
       (sonst wäre es ja gar nicht nötig gewesen)
Einem gilt es tatsächlich:
       (Jesus von Nazareth)
Einer hört es tatsächlich:
       (der Menschensohn)
Einer versteht es tatsächlich:
        (der Erlöser und Heiland)
Einer glaubt es tatsächlich:
         (der Gottessohn)
Er ist auferstanden.
          (Und das genügt: alle Parameter auf Ewigkeit)
Halleluja! Alles, was atmet, singe!
           (Was das Anerobe macht: wer weiß?)
Halleluja! Alles, was tot war, lebe!
            (Und Alles meint Alles: das All)
Hallelujah! Alles ist neu, was alt war!
             (Kosmos: Natur und Kultur)
Halleluja!
              (Alle Kommentare verstummen)
Er ist auferstanden!
Amen, Amen,Amen!


Samstag, 20. April 2019

Twitter

Du denkst es wäre arkadien
oder der leuchtende parnass
ein ort flirrender gedanken
und viel heimlicher liebe
bis einer kommt, ungewaschen,
oft aber auch mit krawatte
oder verwegen-geschmackfreiem ohrring 
oder eine, die grad erst erfolglos die mutter gemeuchelt
und den colt zieht und ballert 
und du weißt: 
es ist ein saloon
und es ist kein film von
Greenaway Tarantino
sondern einfach das leben
ein c-movie 
voller knallchargen 
aber auch
mit echtem tod. 

Karsamstagfleisch

Gottesschweigen: Denn der ewige
kümmert sich nicht um die lebenden.
 Den himmel überlässt er vorerst
den adligen engeln
die feiern die leere als freiheit
und wissen nicht
dass sie tot sind in ihren
dunstigen leibern. Das leben
ist nicht
ohne lustvolles fleisch. Sonst wohnte
der ewige nicht in atem und zelle
im strom pulsierender säfte.
In der hölle sucht er
rettbare herzen und leiber
du findest ihn unten
bei dir.

Freitag, 19. April 2019

Hirnfreitag

Hirnfraß. Das muss es sein.
So eine Art Gedankenkrebs
Da läuft was schief im
genomgeschiebe.
Es geht nicht in richtung Intelligenz.

Erfolgreich
waren die saurier nicht
weil sie denken konnten
sondern weil sie effektiv fraßen.
Selbst da ist der mensch eine niete
und nervt ohne ende.


Was also? Warten auf den meteor
und vertrauen
auf gottes güte.
Wie klug das ist
steht noch dahin
auf jeden fall aber
weise.

Donnerstag, 18. April 2019

Lästerlied

Wie , wenn die frommen
Wie, wenn die getauften
Wie, wenn die erwählten
Wie, wenn die heilige schar
Mit heiligen spaten
Mit schippen und hacken
Mit bagger und raupe
Und hilti
Eines tages kämen
Um hämmerten und schlügen
Und rissen und zerrten
Und brennten und sägten
Die kirchen und kapellen
Und die döme und münster
Und die altäre und das ganze fromme gerümpel:
Groß wäre das geschrei
kämen wir doch
den gottlosen zuvor
und raubten doch
den spöttern den spaß
Heißt glauben nicht:
zuletzt lachen?
Hängt euer herz nicht an steine.

Gründonnerstag

Der höllentanz ist ein
spaziergang, ja schmerzenstrasse
merkwürdige adresse
hier mit schild „zusammembruch“
und in veronikas pub mit tischdecke
voller antlitz und gin
tanzt euch den arsch ab
sauft euch das hirn zu brei
glaubt an die flache erde
lacht bei brennenden kirchen
oder guckt frömmigkeitsbetroffen
spielt keine rolle
schwer zu ertragen die gnade
Gott stirbt, mit verlaub,
für arschlöcher (so heißen sie nämlich heute:
die sünder)
(und dringend sollten wir
die agenden überdenken:
Man stelle sich vor: ich bekenne mein Gott,
ich bin ein drecksack, einer von der sorte,
naja, du weist schon.)
Da wäre sie hin, die poesie,
auf einmal röche es
zum gotterbarmen
sterblich: ausgetanzt.
.

Mittwoch, 17. April 2019

notre dame

Wortberührt sind knochen zerbrochen
zungen quellen auf durstig
zion dahin, nichts brennt so heilig
wie Tempel
flammen zerlegen jahrtausende
steinernern trugs / die ewigkeit
dieser steine ist bloße behauptung
nur ein skelett für gebete
an die schwindeljungfrau /
sie bauten mächtige dinger
aber leider konnten sie
nicht richtig hebräisch/
auch die wörterknochen zerbrochen
brennende lügen sägen am herz
das feuer  brennt längst
über götzenasche
und ich weine
um den brennenden Gott

Sonntag, 14. April 2019

Glück im Unglück

Ich bin verliebt
weiß nicht in wen
ich hasse tief
weiß nicht was
ich habe große wut
weiß nicht worauf
ich habe große gier
auf kaffee
das weiß ich
sehr genau
Und - ha!
Ich weiß auch,
wie man ihn kocht.

Mittwoch, 10. April 2019

Alpinismus

An der nordwand meines bücherbergs
ist es kaum möglich trittfeste nägel
einzuschlagen dort walten harter granit
und eiswind unbesteigbar im grunde
und dabei ist die spitze gerade mal
auf höhe meines knies.

Samstag, 30. März 2019

Was Schwätzer so Schöpfung nennen

Die sonne lacht mich aus
sie weiß ihre wärme
bei mir nur hautflächig
frühling ist die maske
des winters und die sonne
eine wasserstoffbombe
lasst mich in ruhe
mit eurem scheissuniversum.

Montag, 11. März 2019

Heimatgesicht

Dieselben zerstörten visagen
hoffnungsverlustgefurcht und gelblich
wie anderswo in diesem kalten land
aber bitte: es sind vetraute gesichter
mit dir geschrumpelt
und darum mir heimat.
Das ist doch wo ich
nicht mehr leben muss
aber wo ich
totsein will und da ist es
gute übung: traurige augen
zu sammeln im café am marktplatz.

Freitag, 1. März 2019

Traumlast

Schwer die bilder
autorlose geschichten geschnitten
elektrische impulse erzählen
ihre variante vom tag
eiweißige gespinste
im grauen glibber
es graust mir wie viele
hier hörten und sahen
„mir hat geträumt“
dabei weißt du noch nicht mal
wann tag ist.

Montag, 25. Februar 2019

Türkischer Tee

Türkischer Tee

Halka: süß fett unvernunft
dazu flüssiger bernstein
verdünnt nach mood
von bitter bis leicht
fremde laute ü und ö haltiges
gutturales rauschen
zwingt nicht zum zuhören
purer klang daneben
auch afrikanisches 
und immer mal wieder 
die sprache allahs
verstehbare fetzen 
von liebe und arbeit und heimat
grauköpfige Schnauzbärte
(auch mit kahlschädel)
starren im glas rührend
 - nicht erstarrt eher echsig - 
karg wortwechselnd
(dafür gibt es womöglich 
ein türkisches Männerwort
unübersetztbares steppenerbe
als sie noch hoch zu pferd
herde und horizont schweifend sahen)
die kopftuchaugen aber schauen 
(pures gesicht, ein mutiges Kleidungsstück)
wissend trauerumflort lächelnd auf
kurzhaarig spreizbeinige muskelshirts
und heftig sich tummelnde Kerle
kurz nur der blick
sie gehen ganz anders 
breithüftige gazellen oder
leichtbrüstige rehe man ahnt
unter dem schleier ahnbares 
mit rosenwasser
sie reichen mit leichter hand
und freundlicher schroffe
dem alman halka
fragendes Auge: hier essen?
also mit teller messer gabel serviette
und tee
nach mood verdünnt 
leicht oder bitter
einmal bezahlt soviel wie man will
Ich im
zehnminutenglück orientduselig
flüssiger bernstein
für ein euro dreißig
träume ein istanbul 
das es nicht gibt: 
für mich nicht als ziel (oh Byzantion)
und für sie nicht
als heimat. 

Sonntag, 24. Februar 2019

The Meaning of all

Man müsste mal wieder
Gedichte schreiben
aber die wörter
geben nichts her

Und nur so rumverseln
wer will das schon
jetzt kommt mir nicht
mit sinn oder so was
wisst ihr nicht,
dass Adorno tot ist?

Und Gott lassen wir
unbereimt

Mittwoch, 20. Februar 2019

Widmung

Die welke elke erbt
kalauergedanken
und webt sie zu nelken
die erbsenzähler machen sich
darauf keinen reim
und egal: poesie
wird nicht alt

Mittwoch, 13. Februar 2019

Der sandkasten

Am meer im massen
wirkte er einsam
im dunkelsten eck
des neuen gartens
umgezogen als heimaterde
aus dem baumarkt
mit förmchen und edelstahlschippe
verwaist zum katzenklo
es werden keine enkel drin graben
ich sehe noch den fleck im rasen
und fange an zu heulen
der sandkasten war mir
ein glücklicher ort.

Samstag, 9. Februar 2019

rosamunde

Ein letzter vers quillt
am tagesrand noch
aus dem tränenden auge
nicht von rührung gewältigt
sondern gerötet
von flimmern des lichts
hinter dem bildschirm
so gehen die bilder zum teufel
zu häufig gebraucht
taugen sie grad noch
zum ruhm der
kürzlich verstorbenen
unsterblichen pilcher

Samstag, 2. Februar 2019

Bittermund

Bittermund spricht
innenwärts nicht mal
die eigenen ohren
hören den schrei
alles verklebt mit
hoffnung

Donnerstag, 31. Januar 2019

Liebesgedicht II

Die liebe heißt es
geht durch den magen
es heißt aber auch
entscheidend sei,
was hinten raus kommt
und nun denk ich mir
viel schöner ist doch die liebe
im wort
oder wie es im südland  heißt:
amore.

Dienstag, 29. Januar 2019

liebesgedicht

Das wörterschiff
gleitet unter vollem gaumensegel
durch die katarakte der zähne
und wirft
silbe für silbe anker
im salzigen ufer
meines herzens
ich fasse es nicht:
unter hand wächst es sich aus
zum u-boot falscher gefühle
und vers für vers
strandet die lüge


Sonntag, 13. Januar 2019

wahrheit über dichtung

Verstummen:
verstümmelter schrei
leeres papier
unbewegte luft
nur röcheln
Verse sind möglichweise unmöglich
und ein jegliches gedicht ist komisch
Hahaha und schamesröte
tragischer poeteneifer verwandelt die welt
in tosenden kitsch
oder nennen wir es
tanzendes gefasel.
was soll man tun?
Man muss sich doch
die zeit vor dem sterben
irgendwie sinnvoll vertreiben.

Dienstag, 8. Januar 2019

Haarscharf

Das stöhnen des föhns
füllt die rosenwasser kreischende luft
soviele schöne köpfe starren da
und edle hände
scheren schruppen über kämme
haarflaum fliegt in fuseln
zu boden der gummibesen wartet
und oben leuchtet der
ohrengerahmte schädel ganz neu
leider nur von außen.



Freitag, 4. Januar 2019

Abend mit Paul Gerhardt

Der abend zieht sich
zu müde zum lesen
der ofen knackt abkühlend
nachlegen verpasst
folglich strafende blick der katze
die furzend in der katzenbaumkuschenmuschel liegt
draußen ist so sehr draußen
dass das drinnensein allein
schon pures glück ist
die glotze glotzt schwarzsamtig
und es ist still
die schiere banalität
des daseins
am abend
und hinter ihm lagert noch größere wonne
mit biber bezogenes bett
nennt mich einen glücklichen menschen
voller keckskrümel im sessel
ihr könnt mir gestohlen bleiben
mit euren geschäften
wer so stirbt, der stirbt wohl.