Sonntag, 13. Dezember 2020

Möbius

Des überdrusses überdrüssig sein

müde von der müdigkeit 

zorneszorn, frustrationsfrustration, ärgerärger,

hunger nach hunger

satt vom sattsein 

angekotzt vom kotzen

immer noch

die liebe lieben

dem tod sterben 

ewig. 

Sonntag, 15. November 2020

Lorel

Weiß nicht was

Bedeuten 

Uralte Zeiten Sinn

Traurig bin 

Freitag, 13. November 2020

Die Innen-Aussendifferenz als dendrologisches Existential

Am fenster scheuert

ein ast 

als wolle er sich

in sicherheit bringen

Ich rufe ihm zu: 

bleib da draussen! 

Hier wohnen Menschen

Tu‘s dir nicht an  


Montag, 2. November 2020

Dilemma

 Bleifreie tage leichten

verdruss tonnen 

sägemehl in der uhr

die Einstein eine nase dreht

zeit ist massiv aus holz 

wächst ringig 

und tötet 

retten könnten nur

Luft und wasser.

Könnten. 

Mittwoch, 28. Oktober 2020

maske

Die nase kragt das tuch nach vorne

wie ein geblähtes Segel 

ein parasit aus stoff 

filtert worte und dämpft

ohren ganz neu gefühlt

der eigene atem wärmt

das gesicht fühlt sich

in feuchtwarmem dunst

ganz auge.

Dienstag, 27. Oktober 2020

OrakelAutoErgänzung

 Nudelteig klebt unter den nägeln

eirig und die anderen haben mich schon sehr 

genervt von dir und das war eine frage 

küchengerüche und die welt 

sind nicht mehr als eine art 

zu sehenswürdigkeiten sind die menschen nicht so gut 

säbelrassler machen keinen spaß 

Im tomatenmark spiegelt sich

wahrscheinlichkeit.  

Mehr ist nicht drin. 

Die meisten menschen haben eine andere hälfte 

im schrank der unvergessenen kindheit

hängt sie, drei nummern zu groß

Montag, 26. Oktober 2020

Kindheitsessen

 Kartoffelstampf mit rosenkohl

mehlschwitze dazu mit Fondor 

und, weil ich dumm bin, 

angebranntes. Wasser, frisch, 

salat, welk und nur 

eine gabel

für alles zu zerdrücken

maggi drauf 

Herbst

 In meinen erstarrten

Garten

Blühen alleine

Steine

Staubige Bäume

Schäume

über erdigem Grind

Wind

Was reimt sich auf

Tod


Sonntag, 2. August 2020

Wetter

In die sterne sprechen
wolkenwärts gewandt
aber heute alles verhüllt und verregnet
dann also kein gebet
alles elend bleibt unter uns
und so bleibt es denn.
keine chance für die armen
wenn das wetter nicht mitspielt.

Samstag, 1. August 2020

Not

Wo nicht die nacht
den dunklen tag beendet
und mit ihrer lichten macht
schicksal schleichend wendet 

verinnt das blut im brennenden geäder
und mieses denken schafft sich raum
die sonne gerbt das oberstubenleder
kreischend  meldet sich ein harter traum

aus weichgekochten tagesresten
die überwürzt mit bittern kräutern
vorgesetzt den ungebetenen gästen
die fernen und die nahen geister läutern

die scham ergreift das frierende gemüt
und weckt den wunsch zu beten
auch wenn mir so verdammnis blüht:
dies unkraut muss ich jäten.

Freitag, 31. Juli 2020

Wer liest Gedichte

Dichtende: grün vor neid oder voll des spottes
(faktisch dasselbe)
Lehrende, traurig irgendwo weil wissend
dass sie’s nicht vermögen
und folglich „lesen“ gedichte auch:
lernende.
Kritisierende, lesen die?
Jünglinge, wahrheit suchend wie im centerfold,
also lust ohne folgen
Backfische: gibts nicht mehr (heißen heute fans, follower),
träumend vom prinzen (es ist noch ein weiter weg)
Alternde Damen, die klapprige reime so mögen
und postkartentiefsinn (heut heißt das meme)

und ich natürlich.
weiß nur nicht warum.
naheliegt: langeweile

Donnerstag, 30. Juli 2020

Mood zweiter Urlaubstag

Kalte morgenluft im zimmer

offene tür zum dach der garage
wie immer im sommer

draussen ist party
hier nicht

Dienstag, 28. Juli 2020

Erster Urlaubstag wanderung

Gewaltige wälder einst
heute die öde von esse und schornstein
ähren mit grannen bei fuß
tun so als seien sie natur
der hund schnuppert an ihnen
könnte ja ein anderer hingepinkelt haben
wie lächerlich die aussehen
unsere katze sah ich noch niemals beim pissen
aber - obacht!- beim kotzen
die vögel sind wie immer sie selbst
schon ihr dasein spottet meinem
getaper mit stock und schnürschuh
im ruckssack gluckert das wasser
und ich habe mal wieder kopfschmerz
die markierungen (rundweg 3) sagen:
alles wird gut.
aber ich weiß, was Adorno gesagt hat.
Wie lang muss der weg sein
dass auch mein gehirn (besitzanzeigendes fürwort,  als
hätte ich es irgendwo billig gekauft
und als sagte das hirn nicht: „mein nerviger Zustand“
über mich),
nicht mehr hirnt?

Montag, 27. Juli 2020

Sehnsucht

Wie die niemals rastenden steine
zerrieben werden zu sand, zu staub
in milliarden von jahren
langsames leben.
kein abhetzter tod
zerkrümeln in ständiger
schmerzloser reibung.
keine stinkende säfte
von gärung verdauung
zurück zu den sternen
Adam ohne wasser
ganz odem und erde
versteinern ist
ewiges dasein:
du bist der fels.

Dienstag, 21. Juli 2020

Urlaub 2020

Fremde Länder nun
immer noch nah und ferner doch
als je
nicht mehr in meiner welt
hinter masken schnauft schwer
die luftsuchende lunge
und die haarebewachsene nase und
frühstück gereicht von händen
gehüllt in bläuliches gummi
was nützt mir der bräunliche speck
in reichlicher weite der stühle
und irgendwo lauern
ein held eine heldin mit
weitreichendem atem gefüllt
von ächzendem tod
und weiß ich
am ende bin ich’s
vom sterben gibts keinen urlaub
dann lieber keine reise
als die letzte
meine und schlimmer noch:
deine.

Donnerstag, 16. Juli 2020

Begriffsschrift

Blinde tauben starren
auf sehschwache stare
im hintergrund funkelt
und lächelt morgendlich
venus
die untote katze
 wer wagt hier noch
sprache  

Sonntag, 12. Juli 2020

Teig

Ich
in  eiserner prosa
die gedanken zerspane
hundertstel millimeterworte
passt alles super
means nothing
I prefer dough
geknetetes
lebt
und duftet.



Samstag, 6. Juni 2020

Aber

Morgen:
Der Tod
Gestern:
Der Tod
Heute;
Morgen und Gestern
Übermorgen aber:
Licht.

Dienstag, 26. Mai 2020

Bruder Mond

Zu müde zum sterben
glotze ich den gähnenden mond an
den eiskalten brocken erdfleisch
so tot kann niemand sein
wie diese staubige öde
von der alle sagen
sie beleuchte die liebe
nur weil ihr nachts sex habt
und was ist mit neumond
da kann ich wenigstens schlafen
weil er nicht so rumlärmt
mit seinem gestohlenen licht.
für eine nacht guten schlaf
scheiss ich auf alle romantik
die sowieso keine ist
und den mond mit ihrem
emo-mist ständig belästigt:
fast tut er mir leid.
Okay, bruder mond:
auch du ein verkannter
bloß ein dummer stein
im universum. Du kannst ja noch nicht mal
sterben.
Da hab ich
wenn ich denn endlich mal schlafe
echt was voraus.


Sonntag, 17. Mai 2020

Hoffnung


Der tag wird kommen
an dem das kommen geht
und das bleiben kommt und
steht und keine uhr und
kein sterben und leben leben leben
und du.


Der Tag wird kommen
an dem das verlieren verlorengeht
und das finden gefunden wird
und nicht mehr suchen und
nicht mehr verlust und
keine unrast
und kein sterben und leben leben leben
und du
und ein fest.

Montag, 11. Mai 2020

Erbrechen

Der Drang einer Säure
in sich verfädelt schneckig  gedreht
sich selbst zu verdoppeln
sinnlos ohne Sinn und Bedeutung
einfach nur weils geht.
Man kann das ja kaum Leben  nennen.
Eigentlich sogar Antileben oder
so etwas wie
ein schwarzes Loch so ein Nicht-ort-Ort
ohne Zeit und Raum
das drängt nicht es saugt
aber das Virus drängt
dabei ist es doch bloß
organische Säure in Fett gepackt.
Nichts eigentlich als ein Furz
in der Ursuppe.
Zu wenig Kraft für einen Körper.
Im Grunde die pure Essenz von Leben,
das Leben braucht zum Leben können.
Das ist alles sehr klug. Aber in Wahrheit
kotzt es mich an.

Freitag, 1. Mai 2020

Nichts müssen

Regen verknattert/
Zwitschergesang der Amsel/
seliges Dösen.

Donnerstag, 23. April 2020

Probeliegen

‪Die nacht übergoss mich mit sternen/
milliarden von löchern im himmel/
das göttliche sieb/
fürs ewige licht/
klinzen im deckel
der letzten behausung ‬

Dienstag, 14. April 2020

Via negationis duplex



 Aus lehm geknetet
geistbehaucht, zweisam
spottet das bild
jeglicher beschreibung
aus der schöpfung gefallen
ahnen wir an adams erbärmlichkeit
und evas schlichtem gemüt
wer gott sein könnte
jedenfalls schon mal
nicht dumm.

Samstag, 11. April 2020

Ostern_pandemie

Leise dem grab entschlüpft:
verschwiegener aufbruch.
Kein tusch in C-Dur.
Kein bllitz.
Kein riss im himmel 
und also nicht auf erden.
Das von den frommen erwünschte
erdbebenende der gottlosen
findet nicht statt 
Das  von den gottlosen erwünschte  
ende der täuschung 
findet nicht statt
die liebe erledigt sie alle
mit gottes gelassenem charme. 

Wer begreifts? 
Jubelt nicht zu laut: 
Verwandlung tut weh
und nichts ist so schwer
wie die trennung von lügen 
ihr werdet euch wundern. 

Fasse es, wer kann: 
40 Tage Inkubation:
rühr mich nicht an!
Dann erst aufstieg und
machtfreie herrschaft!
Dann aber ende 
des anfangs vom ende!
Es ist still
am achten tag:
kein schrei,
nie mehr.
Lieber ein fast 
nur gehauchtes: 
Rabbuni!

Halleluja.

Passion 46_2020

Heute:
das Wort ist tot.

Freitag, 10. April 2020

Passion 45_2020

Jetzt steigt der tote Gott
lebendig zu den toten
die toter sind als tot
und reißt sie
aus der vernichtung
ewiges leben ist mehr
als nicht mehr gestorben sein
es ist vor allem ein leben
jenseits jeglicher grammatik:
ich werde tot gewesen sein
Gott besiegt das prateritum
mit den mächten des unerschöpflichen
futur II.

Donnerstag, 9. April 2020

Passion 44_2020

Gründonnerstag 2020

Niemand hortet hostien
der wein wird getrunken
füße wäscht sich der dienende selbst
und fisch war aus
keiner darf tanzen
gekreuzigte werden beatmet
die einen
die anderen sitzen in
gethsemane-lesbos
oder sonstwo in ängsten
kein kelch geht vorbei
kein engel sendet ein schiff
karfreitag kündet sein kommen
nah wie immer
die stille des grabes:
mit mühe atmet die welt.

Passion 43_2020

todesmeldung

ein bissen brotfleisch
ungesäuert
und alles
wird gut

ein schluck blutwein
ungemischt
und alles
wird gut

brannte nicht
lange schon nicht
unser herz?

Dienstag, 7. April 2020

Passion 42_2020

Zellenwörter: ungehört wandfest
sagbar nur
in Dein ohr
immer weniger
- - -


Montag, 6. April 2020

Passion 41_2020

Gottesknecht

Gebrochen du
nicht herz nur
auch schienbein
porös die hände: gelöchert
fern gespreizt von der
offenen flanke
fließt wasser rötlich
ein letztes opfer
danach nur noch mord:
sterbliche gottesschande,
im blutstaubigen menschenmorast
unsterbliche liebe

Kyrie eleison

Sonntag, 5. April 2020

Passion 40_2020

Das ist der fortschritt:
kein blut muss fließen!
empfangen wirst du wie er,
nicht mit palmwedeln
und eifrig geworfener kleidung.
Nein! Heute empfingen sie dich
gleich mit einem arschwisch
und schenkte dir fünf Zeilen
in feuilleton, mittwochs.

Passion 39_2020

Wörterbruch treibt in den leeren Bilderrahmen.
Gesehenes trübt ein, das leuchten verglimmt.
Am strand liegen reste von einst stolzen seglern
voller sinnschwerer fracht. Gesunken: leckgeschlagen
Bücher zerfließen unaufschlagbar, modergeruch
bildschirme schimmern blickleer, voller schmieriger gedanken
und morgen reden sie wieder, als wäre noch irgendwas sagbar.


Freitag, 3. April 2020

Passion 38_2020

Expertise
Bekleckerter ruhm sprichst du
viriloge fachlich proteinwissend
rna-deutsch klug nickenden
fragehuren weltwissen ins mikro
ohrlefzen werden gebleckt:
warten auf was wohl
wenn nicht die
katastrophe

Donnerstag, 2. April 2020

Passion 37_2020

Elend.
Elende
Endende Elende
Elendendende
Ende

Brot
Not
Notbrot
Brotnot
Nottod
Tod




Mittwoch, 1. April 2020

Passion 36_2020

Bleiknochen aus nähe brummschädeln
magenweise schmerz. Augenfalten
verschleiern trübe Lichter ins dunkle.
Wo liebe wütet waltet stumpfe erwartung
zählbaren todes der anderen. Nur
ewiges leben sinnt. sterben ist
ein teures hobby für jeden.

Dienstag, 31. März 2020

Passion 35_2020

Schreibe niemals gedichte
bei sonnenschein
heiterkeit hindert die muse
und schummelt dir vor
alles wird gut.
was sie verschweigt:
wann.

Montag, 30. März 2020

Passion 34_2020

Papierpassion

Als Enzensberger* sein edles gedicht
über die harmlose scheisse schrieb
konnte er noch nicht ahnen
wie poetisch klopapier ist

Die leeren arschwischregale
starren dich an als boten
einer apokalypse des kackens
die Lage, so scheints ist beschissen

dabei zerstört doch das virus
die lunge, nicht das gedärm,
du hustest dich tot:
müssten nicht Tempos geräumt sein?


die passion des papiers
trügerisch  sauber gewickelt
zeigt uns die grausige wahrheit:
es gibt zuviel gierige ärsche



* https://mfx.dasburo.com/poe/enz.html

Sonntag, 29. März 2020

Passion 33_2020

Untergang

Was siehst du am horizont?
blutrotes glühen
was siehst du am horizont?
blutrotes glühen
und darüber gleißendes strahlen
was siehst du am horizont?
blutrotes glühen
und darüber gleissendes strahlen
und hellweisse blitzende finger
was siehst du am horizont?
Die sonne geht auf!
und alles darunter
geht unter.

Samstag, 28. März 2020

Passion 32_2020

Beatmete Schreie intubiert
ausgeatmeter maschinengeist
der matschgeknetete haucht
das angehauchte aus
niemand hört’s
allein das schnaufen der künstlichen lunge
die nur noch ein schlauch ist
sensenförmig
schau es dir an was geworden ist
aus deinem hauchenden:
ein röchelnder klumpen
dein ebenbild
amen

Freitag, 27. März 2020

Passion 31_2020

Gottes blutende hände
triefen nicht vom blut
der verlogenen opfer,
Gottes blutende stirne
blutet nicht vom blut
der von ihm gequälten
denn Gott ist nicht göttlich
Gottes letzter schrei
ist nicht der grusel-chique
der schwarzkittelschickeria
die beim rotwein erschauert:
er stirbt hier echt
krepiert verreckt verröchelt
Gottes kalter körper
ist eine leiche
wie du und ich
gescheitert am wahn
geschichte zu steuern.
Wir können sie
nur erzählen:
vom überleben des grabes.
seiner würde beraubt
gewinnt er an würde,
der jeder Dom spottet.

Amen


Passion 30_2020

Freuds Leid

Dunkle dämonen hausen am grund
der wörterhöhle
betritts du sie: du verlierst den Verstand
und es beginnen zu sprechen
die heilsamen unteren mächte


Kyrie eleison

Mittwoch, 25. März 2020

Passion 29_2020

Der Mond

Der mond geht auf
(was gar nicht stimmt, by the way)
ob mit gesang
oder ohne.
Das gestirn juckt es nicht
(es hat sogar überhaupt gar keine gefühle,
wie schockierend)
es ist nicht gütig und
kennt kein falsch
(noch nicht mal dumm wie brot:
dumm kann nur sein, wer denken könnte)
Er leuchtet nur
ein kaltes stück erde
auch ist er nicht treu
und folgt keinem gesetz
(aus freiheit: er ist definitiv nicht kantianer)
kennt newton nicht
er saust einfach millionen von jahren
bis die sonne verglüht
oder einsteins kräfte versiegen
und er stürzt, woher er kam:
auf die erde.

Der mond geht auf,
und means nothing
ob mit gesang
oder ohne.
aber mit ist schöner:
so wird er zum trost.

Dienstag, 24. März 2020

Passion 28_2020

Dystopie und Irrtum.

Kein spielplatzkrakeel schaukelwärts
nirgends frisches hundegekäck
im waldesgrün und feldgrau: disziplin!
sonntagsstille entklumpte masse
glotzt glotzend glotze
gebückt schleichende hefehamster
umgleisst trällerndes vögelgejauchz
im kreischend wärmenden sonnenlicht

die leeren strassen grauen horizontschwanger

wo wird gestorben? Hier nicht!

Montag, 23. März 2020

Passion 27_2020

Erde

Im leisen geschrei
berstender zellen
zerströmt leben zu staub
gespült als feiner sand
umschmeichelt er sanft
die füße der schlendernden
am zeitenmeer.
Tränensalzige luft
umweht lachende kinder
am horizont lauert
die tödlichste sonne
enthofft-eisiger herzen
sie leuchtet vergehen:
nur ein chemisches feuer
glühender kälte.

Sonntag, 22. März 2020

Passion26-_2020

Ende der Unbeschwertheit

Wir flogen gegen alle gesetze
jenseits des horizontes
bis die schwerkraft uns
laut lachend bleite

Kyrie eleison

Samstag, 21. März 2020

Passion 25_2020

Eine nachknallende stille
überschwebt die rauschenden
flüsse aus blechgestank
welle um welle enträuscht
sinken die steine zu boden
singende hoffnung legt
blutblüten aus
in den entmenschtem gefilden:
stählerner frühling.

Passion 24_2020

Freitag

Jeder freitag ist kar
gestorben wird immer
und sei es ein fisch
als fastenspeise
warum auch immer
die wahrheit des wochenendes
wir feiern den tod
und fürchten am sonntag
die arbeit des montag
du must vielleicht doch
nocheinmal dein samstagswerk tun
und uns aus der hölle holen
die wir mangels glauben
für leben halten:
Kyrie eleison

Donnerstag, 19. März 2020

Passion 23_2020

Irrtum

Wenn dir genommen wird
was nie gegeben wurde
ist der betrug doppelt
kein grab spuckt aus
was nie drin lag
Kyrie
Eleison

Mittwoch, 18. März 2020

Passion 22_2020

 MENSCH

Du musst das licht nicht sein
auch nicht die hand
der mund nicht
nicht herz
Du musst nur sein
er leuchtet redend in dir.

Amen

Passion 22_2020

fleischlose geistliebe
glühend körperfrei
weltpuls durchblutend alles
dahinstehendes
brennen in den knochen
voller sehnen und verlangen
nach dir zugleich
mit der haut des anderen
liebe muss klebrig sein und
riechen nach jemandem
nach dir
Amen

Dienstag, 17. März 2020

Passion21_2020

Kannst du nicht
fragen welche
schreiben was eins braucht
kann ich sag ich
mach ich sag ich
ich schreib
was ich brauch
gehts in die
echolose stille
des ungehörten
macht’s das wie jedes gebet
Was wissen wir schon
über wörter
wer braucht schon gebete
DU am wenigsten
ich mach’s trotzdem
weil’s eins braucht.

Amen

Passion 20_2020

Spät noch ein paar wörter pflücken
nicht vom baum der erkenntnis
sondern vom feigenbaum
den ER verdorren ließ
saftlose schrumpelige schalen
aromalos
bloße Ballaststoffe ohne kern
sie stillen keinen Hunger
und auch nicht die gier
nach süßem
Kyrie eleison

Sonntag, 15. März 2020

Passion 19_2020

Verschlungen die schlange apfelmusig
blitzartige scham verrötet wangen
weckt problemzonengeilheit
bittere ackerfrucht furche für furche gefürchtet
adam säufer und schläger, eva kreisst einsam
blutgetränkt durchkreuzt: erlösung

Amen





Samstag, 14. März 2020

Passion18_2020

leselangeweile

Zersägt die stunden
mir und nahrung
knappt wörter
buchstabensuppe & russisch brot
dann löffel ich eben
unleserlichen sinnfraß
hokuspokusmagie
am buchtisch des herrn:
morgenmahl ohne verräter
abends dann tot: glotze:
sprich vom holz
fleischblutgewordener!
kein segen auf
ungehobeltem papiersarg:
steh auf.
Amen







Freitag, 13. März 2020

Passion 17_2020

unsichtbar wie die gnade
kein geschmack nach tod
unfassbar klein
eine furche der angst
und der ohnmacht
so vernichtend diesseitig
der schatten der mauer
um den garten
wächst: adams fluch, evas last
gegen das unsichtbare
sichtbar machen
dein kreuz

amen. 


Donnerstag, 12. März 2020

Passion 16_2020

Lange sahen wir ihn nur
mit bomben und granaten
Mit gashahn und maschinengewehr
kannten ihn nur von ferne
als bauchblähhenden hunger
als fernweltliche nachricht
unfall und krebsiges sterben
und faselten was
von besiegen
nun aber geht er wieder
mähend  mit der sense
und wir erkennen ihn nicht.

Kyrie eleison

Mittwoch, 11. März 2020

Passion 15_2020

Graugrün gurgelt das blut der erde
zähflüssiger bach über altersfaltiges gestein
nicht munter: griesig und kalt
strömender tod
brei aus atomen
wie schön muss es gewesen sein
im niegewesenen paradies
mit seinen vier flusslosen flüssen
und wie öde.
Kyrie eleison

Dienstag, 10. März 2020

Passion 14-2020

Auslegung

Auf wörter starren
und milch aus ihren brüsten ziehen
im hieroglyphendschungel schneisen schlagen
lauern wie der predator auf bedeutende beute
den geist
vorher aber ersaufen im meer
längst gestorbener metaphern
jeder satz ein leeres grab
in das man sich legen möchte
vor scham

Kyrie eleison

Montag, 9. März 2020

Passion 13_2020

Sonne

Lacht sie uns an
lacht sie uns aus
strahlt sie einfach nur
fragen an sie,
die sonne
dem gleichgültigen gestirn
der trüben hoffnungsfunzel
(von der gnade her gesehen)
an den himmel geschraubte
lampe des tages
so wenig sie ist
ist sie doch viel
es muss reichen
hierzulande.
Mehr dann später
und anderswo.
So sagst du.
Amen.

Sonntag, 8. März 2020

Passion 12_2020

feuer
im kamin gefangen
mein herz:
zünd mich an.

Amen.


Samstag, 7. März 2020

Passion 11_2020

hymnus

als mensch am menschen
    gescheitert
als gott am menschen
     gescheitert
als mensch an Gott
      gescheitert
als gott an gott
      gescheitert
die liebe
      scheit um scheit
          brennender
       schmerz um schmerz
          menschlicher
scheitern am scheitern
und der lüge vom gelingen
es bleibt
nackte existenz
 leuchtende haut
jede berührung
von ja zu ja
ein anfang
fleisch zum fleisch
als fleisch im fleisch
        aufgerichtet:
lustvoll.
Amen

Freitag, 6. März 2020

Passion 10_2020

Religion/Passion

Wärst Du
Jude
unter den Nazis erschienen
trügen wir heute
Goldene Gashähne
um unsere fetten hälse?

Wärst Du
Flüchtender
gerade erst erschienen
stellten wir morgen
Goldene Schlauchboote
in unsere verlogenen kathedralen?

Wärst Du,
Gast im eigenen
gestern erschienen
falteten wir die befleckten hände
vor einer Goldenen Shishabar?

Deine Auferstehung
mein lieber
vergoldete den zynischen
den tod
(der anderen, versteht sich).

Könnte es sein,
dass es so
nicht gemeint war?

Amen



Donnerstag, 5. März 2020

Passion 9_2020

ur/sachen

Buddha starb
     an pilzvergiftung
Muhammad starb
     an grippe
Jesus starb
     an mensch

Amen

Mittwoch, 4. März 2020

Abfall

Die sägespäne
ungehobelter prosa:
das pressholz der poesie
verdichteter müll

Passion 8_2020

fleisch:
nicht nur kreuz
auch klo.

Kyrie eleison.

Dienstag, 3. März 2020

Passion 7_2020

Eiswind verfliegt:
frühling wird vorgetäuscht
der kommende Sommer wird angelogen
als wäre er ewig.
Ist er nicht
aber du: gestorben im eiswind.
Amen.

Montag, 2. März 2020

Passion 6_ 2020

Ich schäme mich meiner scham über
die schamlosigkeit  der unverschämten
Ich hasse mich für meinen hass
auf den hass der hassenden
Lieber liebte ich mit der liebe
des geliebten.
Nun, wenigstens
kann ich das lachen der lächerlichen
lachen: aus gnade
Amen.

Passion 5_2020

Das frisst mich auf:
wie stumm ich bin
vor dem schönen
jeder gesang
rührt an mein krächzen
jeder pinselstrich
schnürt mir den hals zu
ich hasse gelungene verse
nicht mal mein tod
ist so wie deiner.
Amen

Samstag, 29. Februar 2020

Passion4_2020

Corona spinea
dornengeflecht
haarnah wie auch
hurenöl der dirne
so duften nach narde
die blutigen locken
krone des lebens
der tod
Kyrie eleison

Freitag, 28. Februar 2020

Passion3-2020

Sternenanzünder
du
Sterbenlasser
du
Menschenvertrauer
du
Nichtsraffer
Ich
Gottlose
Alle.
Du nicht.
Amen.

Donnerstag, 27. Februar 2020

Passion 2_2020

Im elektronengeschwirr
pulsend und wirbelnd
 geist  sich ausatmend
wirst du
irdisch
Amen

Mittwoch, 26. Februar 2020

Passion1_2020

Ein licht mehr als
dunkel im
gebräu der furcht
die männergemacht
triebig unfügt den tod
wo niemand gelebt
trost aus aschernen nägeln

amen

Dienstag, 25. Februar 2020

Volkmarsen. Gebet

Herr, unser Gott, 
ein Unglück ist über uns hereingebrochen:
ein Mensch wollte Menschen töten,
Menschen, die ihm nichts getan haben,
Menschen, die feiern wollten und fröhlich sein wollten,
Männer, Frauen, Kinder
hier aus unserem Ort und von weither.

Es ist unbegreiflich, wie so etwas passieren kann,
was muß mit einem Menschen geschehen sein,
daß er so etwas tut?

Mehr aber quälen uns
Gefühle des Hasses und der Vergeltung,
Gefühle der Schuld und die Frage:
Hätte man es nicht verhindert können?

Am meisten aber  quälen uns
die Schmerzen der Opfer,
die verletzt und verwundet wurden.
und schlimmstenfalls ein Leben lang
damit leben müssen,
es quälen uns auch die Schmerzen derer
die mit ihnen leiden
deren Leben für lange
die Narben von Schrecken, Schock und Ohnmacht
wird tragen müssen.

Und die Frage treibt uns um:
Leben wir in Sicherheit?
Kann es auch mich treffen?
Wie finde ich innere Ruhe
und Gewissheit in der Füllle
der schrecklichen Nachrichten?

Nun ist es geschehen, Gott,
und uns bleibt nur die Klage
über solche Unrecht
und die Bitte um Bewahrung und Trost,
um Beistand und Heilung.

Stehe uns bei,
verlasse uns nicht,
erhalte uns die Hoffnung
auf deine Liebe

Sonntag, 23. Februar 2020

Terror


Aus wortpistolen gefeuert
zerschellen

semantikgeschosse

an blutvollen adern
wie blei

mörderisch ist
die zunge

längst vor dem finger
am abzug



Samstag, 22. Februar 2020

Brennende ohren

Brennende ohren heizen
    das kalte gehirn
       betäubt durch schreckenslärm
mit loderndem klang
  seliger sound wärmenden kitsches

Du kannst die ohren nicht
    wie matte augen schließen
        salz in offner wunde
 ist ihnen der planetenlärm

Wenn ohren kotzen könnten:
    kniehoch ständest du
  in unverdauter scheisse

Mittwoch, 19. Februar 2020

Lyrikonline

In schlafferner nacht
süchtig durch gedichte scrollen
vanitas vanitas
der mond strahlt kalt wie immer
bald bin ich sechzig
und habe noch keinen vers gefunden
der trägt.  Nur schlimmer wird
der schönheitsschmerz
diese gier.

Sonntag, 16. Februar 2020

Leerstelle

Die schweren brüste der melancholie/ reden von sinkenden wonnen der trauernden./ begehren zehrt an der narbe verfehlter geburt/ kein fleisch kann trösten./ die dünne haut zeigt leuchtende wunden/ vergehender Schönheit.

Dienstag, 28. Januar 2020

Machtwechsel

Im Lichte der neuen Sonne
Verblassen die näheren
jüngeren  monde
ungerührt aber leuchten
die ferneren uralten Sterne.

Montag, 27. Januar 2020

Zeitungslesen

Schon der Anblick
augenrollen und dann
knistern und rascheln
und schließlich
brennt der sod
druckerschwärze ist gift
für die schleimhaut
und schadet dem teint
des gehirns
überall pickel
gelbköpfig reife
geschwätzgeschwüre