Freitag, 30. März 2018

Letztes Gedicht

Der tag des letzten wortes
ist auch meiner
endlose texttexte
stanzen wunden
flechten kronen aus welken dornen
stichlos
ohne vollmacht
machen sie uns was vor
von wahrheit
ich höre aber
-alter pauliner -
dämonen kichern.

Karfreitag

Während der vollmond
den frühling einleuchtet
feiern wir fröhlich
den todestaggeburtstag
der welt
es kümmert sie nicht
braucht es auch nicht
gnade wirkt so
grade.

Donnerstag, 29. März 2018

Gründonnerstag Passion VII

blut und brot
und fleisch und wein
blutbrot fleischwein
fleischbrot blutwein
blutwurst und brotleib
und leibwurst und weinbrot
und grüne soße rote soße
zerhacktes gebrochenes

füße, staubig gewaschen

geschürzte hoheit
und schmerz und schrei
und blut
und brot
und fleisch
und wein
ich bins/bins nicht
und 
keine ahnung
wovon wir eigentlich sprechen
aber schweigen
dürfen wir auch nicht
von der angst
in der welt
blut und brot und wein und fleisch

Passion VI

Ein leerer tag
füllt sich (vielleicht)
ein voller tag aber
leert sich nie
tage voller leere
erfüllen mit nichts
So harren wir
der fülle der tage.

Dienstag, 27. März 2018

Passion V

der hass hat
hastunichtgesehn
gott abgeschafft
aber das schafft ihr nicht
imhandumdrehen
neugeschaffen
sind die blamierer blamiert
druchkreuzte opfer
nie mehr:
gottesgewalt
die koppelschlösser
schweigen
auf scheiterhaufen scheitert
das scheitern
und jeglicher sieg
ist besiegt
die ausgebreiteten arme
rufen die armee der armen
ins erbarmen:
wer zuletzt lacht.

Montag, 26. März 2018

Passion IV

Der tunnel
am ende des lichtes
ist das licht
am ende
des endes

Samstag, 24. März 2018

Karfreitagstanz

Tanz, tanz, tanz,
tanz die dornenkrone
tanz, tanz, tanz
tanz die seitenwunde
tanz, tanz, tanz
tanz den tag des todes

    atme aus den letzten seufzer
    schwing die arme, breit sie aus
    trag die nagelwunden
    schrei den letzten schrei

tanz, tanz, tanz
die orgie der gewalt
tanz, tanz, tanz
das unrecht und die not
tanz, tanz, tanz
das sterben in der ferne

     mach die letzte nacht
     zur allerletzten nacht
     stampf mit deinen füßen
     die blutgetränkte erde

tanz, tanz, tanz
tanz den letzten tanz
tanz, tanz, tanz
tanz die ganze nacht
tanz, tanz, tanz
bis zum samstagmorgen

    und dann leg dich schlafen
    bis der ruf dich weckt:
    stehe auf zur ewigkeit.
    und dann tanz des tanz des lebens
    für immer und für alle zeit.


Freitag, 23. März 2018

Expedition

mit der wortmachete
durch den wörterdschungel
bilderschlangen lauern
und wollen würgen
ferne schreien unbekannte vögel
ihre eigenen lauten lieder
die füße stolpern über
verknotete wurzeln
überall wuchern die wörter
in der feuchtheißen luft
aber was sich nicht einstellt
sind verse. nur totholz
unventwirrbares gewirke
von üppigen sätzen
die lauern
dich zu verschlingen
giftiges getier
bereit zum tödlichen biss
oder fieberzeugenden stich.
was du findest:
erloschene ruinen
und hie und da
ein dichterskellet.

Donnerstag, 22. März 2018

Mikrokosmos

Draußen fällt schnee
tödliche frostflocken
ein eisiger wind
entwärmt, was an Sonne
noch durchkommt
weißer schleim überzieht
eine ahnung von grün
drinnen fallen
knusprige flocken
hafer und weizen und mais
gemischt mit
strahlendem griechischen joghurt
tee glitzert flüssiger bernstein
das gekränkte auge aber
sieht flocken in weißlichem schleim
und erschauert.

Mittwoch, 21. März 2018

Tag der Poesie

Am Tag der Poesie, heute also, fällt mir nur Prosa ein.

verlassen

Unberührt
verfelst haut
bis wut
sie zerstäubt
und fleisch
bloßliegt
nackter als nackt

Dienstag, 20. März 2018

Haut

Haut sucht haut.
geist sucht geist.
Trifft geist auf haut
heißt das
glück.

Montag, 19. März 2018

Passion III (Eine Litanei)

Dass ein gott mensch wird
      war nichts neues.
Dass ein gott wunder tut
      war nichts neues.
Dass ein gott stirbt
       war nichts neues.
Dass ein gott geopfert wird
       war nichts neues.
Dass ein toter gott aufersteht
        war nicht neues.
Dass ein gott heimkehrt
        war nichts neues
Das ein gott kein „Gott“ mehr ist
         ist immer noch
                                  neu.

Passion II

Oh Lamm am stamm
was verbrochen
gebrochen haupt voll
mit einer dornenkron
unschuhuldig schwebend
drei näglein fünf wunden rot
gelobt wer da im namen
gemetzelt mehrfach gebrochen
oh lamm am stamm
eklig deiner lippen pracht
im schrei der kreatur
erloschen was hab ich
ich ich ich







(Erwähnte ich schon mal,
dass die Tofdesstrafe für
Christen unerträglich sein muss?)

Sonntag, 18. März 2018

schleifen

sich wundern über sich wundern
sich ärgen über ärgern
staunen über staunen
lieben lieben
hassen hassen
lachen
leben

Samstag, 17. März 2018

Passion

Mein schmerz
ist nicht poetisch
es tut scheisse weh
und alles andere
ist dummes gerede
ein gedicht lindert nichts
es sind bloß wörter
und alles gedeute
ist voodoo
tanz um den heissen brei
zeitverteib
damit mich die zeit
nicht endgültig vertreibt
auch poesie ist lüge
aber erträglich
weil sie so tut
als gäbe es schöhnheit
wahrlich
nur ein prosaischer gott
kann uns retten
der von sich selbst verlassen
nach sich selber schreit
hass erlöst durch hässlichkeit
begriffen wir es
es gäbe keine gedichte.



Donnerstag, 15. März 2018

Pickel

So ein pickel
drängt sich rotwölbend zuerst
dann gelblich erleuchtend
mit schwabbeliger membran
(man denkt an raupen und anderes
transluzides gewürm [schon hier:
archaischer ekel {muss ich das essen}]
und würgt ein wenig)
zudem
der schmerz, stichelig anfangs
dröhnt er sich auf über klopfen und pochen
zur epidermischen sirene stiller ekstasen
zwischen nase und wange
damit kauen und reden
parasitisch schmerzen
dazu
das verlangen nach häutung und bohrung
als flössen ambrosia und nektar
aus den tiefen der tropffleischhöhlen
unseres gebeins
und es ist ja auch eine art
spritzende lust
wenn die öffnung gelingt
und der verwesungsaft an den spiegel splasht
irgendwie sexuell aber gewiss nicht
erotisch es törnt doch eher ab
und man fragt sich
was diese eitrige schwangerschaft wohl soll
außer
entstellen.

(Ja,ja, ja. Selbstreinigung bla bla
Immunsystems blabla
selbst ekelpoesie
darf nicht banausisch sein
ihr welterklärer.
könnte denn so ein pickel
nicht doch auch
eine poetische weise sein
nach ausdruck zu suchen
und die oberfläche
irgendwie vulkanisch freudianisch
aufzubrechen,
körpersprache in der
grammatik der säfte?)

Mittwoch, 14. März 2018

Stephen Hawking

Ich habe nicht alles verstanden
(das wenigste, eigentlich:
fast nichts).
Was ich verstanden habe,
überzeugte mich eher selten.
aber ich habe verstanden
dass er etwas verstanden hat
und nicht nur
gezählt und gemessen.
Dass der geist
sich im beschädigten leben
so zeigt
dass das gerede
vom beschädigtes leben
sich als beschädigtes reden zeigt
ist übrigens
seit golgatha
nicht neues. 

Dienstag, 13. März 2018

Warmsingen

Die vögel geben ihr bestes.
sie kämpfen mit ihrem gesang
der immer ein wenig klingt
nach wissendem gekicher
gegen kälte und finstere luft.
Die stummen bäume
tragen sie freudig
und wenn sie es könnten:
sie würden wohl klatschen.

Montag, 12. März 2018

Volgsliedersammlung

Wenn ich ein vöglein wär
und auch zwei flüglein hät
flög ich zu mir.
Weils aber nicht kann sein
bleib ich bei dir.

******
Im frühtau zu berge wir ziehn,
fallera,
es donnern alle berge, alle  höhn,
fallera,
wir ziehen voller sorgen
von syrien nach norden
noch ehe im tale die bomben dröhn.

*******

Üb niemals „treu“ und „redlichkeit“
willst du nicht frühe in das grab
und weiche voller gottvetrauen
Von den eingelatschen wegen ab.

********

Backe, backe kuchen,
der bäcker, der muss fluchen.
willst du richtig kohle machen
Musst du haben sieben sachen:
Montag und Dienstag
Mittwoch und Donnerstag
Freitag und Samstag
Sonntag macht die Arbeit geil.

*********

Am brunnen vor dem tore
da steht ein lindenbaum
ich träumt in seinen schatten
der tor wär nur ein traum.


********

Ein männlein steht im walde
ganz still und stumm
Es hat von lauter purpur
kein mäntlein um.
Sieh, was ist das für ein schwein
darf denn sowas möglich sein
So ganz ohne rotes mäntelein.

*********
Wenn ich ein vöglein wär
oder ein nasenbär
bräucht ich ein bier.
weils aber nicht kann sein
trink ich ein wein.

******
Tbc

(To be continued)




Sonntag, 11. März 2018

Clicklich

Heute war ich
hundert clicks lang
fast berühmt.
Von dem lorbeer habe ich mir
eine abendsuppe gekocht.
Das allein
war aller mühen lohn.

Trinität und Digitalisierung




Im 20. Jahrhundert starb der „Autor“: letzte Auswirkung des Buchdrucks. Im 21. Jahrhundert stirbt das „Publikum“: erste Auswirkung der Digitalisierung. Im Grunde die urprotestantische Vision des allgemeinen Priestertums. Theologisch hochinteressant.

Gottesbilder reflektieren ja immer die auch soziale Situation. Da haben Trinitätslehre und Christologie schon rein begrifflich ein sensationelles Repertoire: Perichorese, Communicatio idiomatum, inhabitatio, die stautslehre, die siebenstufige unio mystica.

Dafür hätte ich gern mal die Zeit und, naja, die intellektuelle Kapazität. Hat die Trinitätslehre denkerisch und begrifflich unseren modernen Begriff der Symmetrischen, Herrschaftsfreien Kommunikation vorbereitet? Folgen wir hier einer „Spur“, die hinter Hegel zurückführt?

Stellt man die Frage so, ist sie eigentlich zu bejahen. Hegel wird m.E. viel zu wenig in dieser Tradition wahrgenommen. (so weit ich das beurteilen kann: ich kenne das alles nur sehr wenig. Aber die PhdG habe ich nur wenigstens erahnen können, weil ich die protestantisch-orthodoxe Anthropologie und Christologie kannte). Der Streit Tübingen/Gießen hat ein Begriffinventar zur Beschreibung instantaner Gleichzeitgkeit widersprüchlicher Bestimmungen generiert, der kaum zu toppen ist.

Wieviel davon nutzen wir bis heute? Haben wir ein christologisch/trinitarisches Verständnis von Kommunikation, das in der Digitalisierung zu sich Selbst kommt?

Wieso steht die Theologie nicht denkerisch an der Spitze und überlässt ihrem säkularen Zwilling, der Soziologie, das Feld? Weil wir unsere Tradition nicht als Pool, sondern als Fetisch behandeln und uns so intellektuell permanent unterfordern.

Effekt: wir werden genau für so dämlich gehalten, wie wir uns (oft sogar: künstlich [moralisierend falsch verstandene Kenose]) anstellen. Es gibt nachvollziehbare Gründe, sich der Digitalisierung lebenspraktisch zu verweigern. Aber denkerische Verweigerung ist ein NoGo. Die Kirche der Kommunikation (des sich ereignenden Wortes!) sollte hier an der Spitze sein. Das „Netz“ ist ein „Ort“ permanenter Performanz. Woher kennen wir das noch mal theologisch?

Ein wenig absolute Hard-Core-Lektüre dazu, falls jemand es GANZ genau wissen will: 

Der Tübigen-Gießener Streit um die Kenosis 

Samstag, 10. März 2018

anbrechender Frühling.

lasst die rosen rosen werden
und bewundert die würde der bäume
die hölzern trotzen
denn 
das grüne gras leuchtet unter den blättern
und kündet großes den vögeln
die würmer winden sich
die raupe ahnt nichts vom kommenden
blätter räuspern sich vernehmtlich
die knospe wagt ein lächeln
kommt,
lasst uns dem winter
eine nase drehen.

Freitag, 9. März 2018

Freitagsennui

Ich sitze hier im sessel
feuer flackert
die katze kauert auf dem kissen
ein signal  des sommers
tendenziell für die terasse
gekauft, nun gekapert als fläzpunkt
es geschieht gar nichts
die augen angeln sich wörter
lesen lässt sich das kaum nennen
eine woche werkeln in den knochen
stochere ich hier ein paar stabreime
falls du fragend nach dem sinn suchst.
morgen gibt es eintopf.

Donnerstag, 8. März 2018

Verdrehungen/Verwahrungen

Der glaube kann sätze verbergen,
ich sage euch: aber!
Bleibt ihr nicht, so glaubt ihr nicht,
Behaltet alles, prüft aber das gute,
denn die welt dieser weisheit
ist  gott vor der torheit:
am ende werdet ihr alles verwinden
und eure überwindung
wird der sieg sein und ihr werdet alles glauben,
denn ich bin
der Anfang vom ende.
nun aber hoffen
glaube und liebe auf eine bleibe,
denn die bleibe
ist unser täglich brot,
dein kommen reicht
und arm sind die seligen im geiste,
wenn sie um deines namens willen verfolgen
herr, wir erbarmen uns
denn heute tagt
weder wissen noch stunde
um unser unbedrängter scham willen
zerfleischen wir unseren stachel:
Im wort
war der anfang.

Dienstag, 6. März 2018

Pinkeln

Die katze mag mich nicht.
Im fernsehen läuft ein krimi,
interessiert mich nicht weiterschalten.
pappige chips von gestern labbern rum,
Okay, so machen sie mich wenigstens nicht fett.
Jetzt eine rauchen können darf nich schon gut.
Der scheisstag nimmt kein ende
kostet bloß leben
vom ersten moment an.
Ja klar werde ich ein alter sack
bin schon froh, dass ich es noch merke.
Erlösung, hoffe ich mal,
geht anders. Wahrscheinlich muss man
doch erst tot sein, damit das mit der
auferstehung klappt.*
Okay.
Dann gehe ich mal pinkeln,
ist in meinem alter als erlösung
nicht zu unterschätzen.













*2. Tim 2,18. nur weil ich meinen inneren Proll spazierenführe, (immerhin
meine Herkunft), heißt das noch lange nicht, dass ich nicht fromm bin. Ich bin nur
je länger je mehr das betuliche Gejaule leid. Aber die Kumpelei der Volxbibel ist
auch peinlich.

Montag, 5. März 2018

Frühlingsgefühl

Am frühen morgen schon
gießt mir die sonne kaffee ein
und duscht mich
mit luft, die wärme ahnen lässt.
eine mutige amsel übt schon mal
für die hochzeit im mai.
man hört die bäume seufzen,
das gras berappelt sich und reckt die spitzen.
noch droht der forst.
noch grollt der winter.
noch ist die finsternis  lang
und sagt der kalender: winter!
aber weil alles vergänglich ist
vergeht auch die vergänglichkeit
der frühling ist
selbst als ahnung schon
ein großer trost.

Sonntag, 4. März 2018

Schwarzer Engel

trübe tage
aufstehen ist schon skandalös
werden nicht besser
durch klebrige teller
und essensreste am abend
elende küchenfron
der schon müffelnde 
müll (bio: verottend)
quillt über 
zu groß die begeisterung
bei minus ein grad
vor die tür
bei allen bewohnern
nun also ich
schwergenervt
drei schritte nur bis zur tonne
aber gefühlt
einmal um die pole herum
norden und süden
der lächerlichkeitssensor
hindert handschuh, mütze und schal
entschlossensten schrittes nun
reiß ich die tür auf zur müllterrasse
man steht sofort draussen
hochgezogen die schultern 
als stürme es orkanig 
was es nicht tat. 
die luft war mild
roch frühlingsschwanger nach erde
und auf dem kirschbaum 
trällerte eine fröhliche
amsel. 
alles wird gut. 


Vollmond, bei Lichte betrachtet

Der mond
der alte himmelskäse
treibt wieder schabernack
mit seinem geliehenen licht
mich täuscht er nicht
er ist bloß die kopie
und wo er ist,
da ist nacht
und wo nacht ist
ist tod
und den brauche ich nicht
die liebenden werden getäuscht
der mond
ist nicht romantisch
ein eiskalter staubiger stein
jeglichem leben feind
am tauglichsten noch
als zeitenmelder
für ostern.

Samstag, 3. März 2018

Eintopf

In der wortsuppe
aus gemütsgemüse
statt würfel
gerösteter zungenwurst
und gedankenzwiebeln
ein haar.
Kein kluges gedachtes
auf dem löffel
zwischen den spitzen fingern
eine geschichte
von liebe und tod.

Donnerstag, 1. März 2018

Zeitparadox

vergangener als die
vergangenste vergangenheit
ist das kommende,
das nicht mehr kommt.

zukünftiger als die gegenwart
ist vergangenheit,
die nie vergangen ist.

ungetroste gegenwart ist
die vergangenheit
der zukunft.