Mittwoch, 31. Januar 2018

Zuggeruch

Menschen riechen nun mal
im zug aber
wird es eine wolke
käsebrot (ekelklassiker im munde der anderen)
und cola
süßlich klebrig
füße in nassen schuhen
oder nasse schuhe mit füßen
alter (oh ja, auch mein beitrag)
und tatsächlich wie im klischee
der hermesschal und chanel nr. 5
(kenne ich von meiner mutter)
und salbigsäuerlich
ein säugling.
Es mögen furze dabeisein
und der eine oder andere
müde magenmund halbverwest.
Knoblauch immer
und immer auch
eine fahne.
Schweiß, ehrenwert erworbener
aber auch ungeduscht abgelagert
dann oft auch mit
kalter zigarette.
Die augen kann ich schließen.
Vor dem geschwätz
müffelnder wichtigtuer
behütet mich mein player.
Leider gibt es nicht
airpods für
die nase.

Montag, 29. Januar 2018

Sternennadel

Sterne sind feine löcher im himmel
hineingestochen am vierten tag
mit eben der nadel
mit der die schurze genäht wurden
für Adam und Eva.
Schöpfung ist handwerk
nur sichtbar
den augen des geistes.

Sonntag, 28. Januar 2018

Sein und Verdauung

Pizza ist auch nur
eine art überbackener toast
aus totem und vergammeltem,
käse und hefe
todesenzyme
und jegliche suppe zeigt nur
schon geschreddert halbverdautes.
Salz ist im grunde
aromatisches gestein
da fressen wir erde
und kartoffeln
kleister im schlafrock
und erst die wurst
die die ordnung des gedärms
von innen und außen der haut
auf den kopf  stellt.
Es ist schon so:
nicht nur beim sex
auch beim essen
sollte man lieber nicht
zuviel denken.
Man stößt sonst
auf das unausdenkliche
der ewig zeugendsterbenden
mühle der verdauung
und der zersetzenden säfte
 duft und gestank
trennt nur die gier.
Andererseits:
Das wunder im ekel
wird größer.

Samstag, 27. Januar 2018

27.1.

Es war immer
„kaisers geburtstag”.
früh kannte ich
enkel zweier weltkriege
und der polnisch-russischen gemetzel
den weg von Verdun
nach Ausschwitz.
meine oma
ist am 20. april geboren.
Ich habe es immer gewusst
auch das grauen
fand beim nachmittagskaffee
worte.
Erzählt mir nichts
vom verstummen.



Freitag, 26. Januar 2018

Wehnachtslied

So still und starr
ruht
das sehnen
kein herz
kommt geschneit
leise rieselt die zeit
der wald glänzt
über den gräbern
freue dich
kommt bald.

Gesang

Lasst mich einen gesang anstimmen
über die macht des gesangs
der wörterrausch, der im gesagten
ungesagtes sagt und
unsägliches unverschweigt
der ins gewebe der laute und wörter
fäden einwebt von
weiß nicht woher
Lasst mich einen gesang anstimmen
auf das nichtsprechen mit sprache
auf das rauschen der stimme
im lautlosen klang
wandernder augen. Wer singt da,
wenn es singt in mir
wer lauscht da
und welches universum
strahlt da hervor?
Ich singe davon:
vor allem sprechen
ist sprache gesang
wo die kehle sich rührt
röchelt schon
der stammelnde barbar
der gesang aber lebt
in der schrift
nur dort
ohne atem
weht odem.
Und ihr nennt es wahrheit:
zu wenig des lobes.

Poetik

Gedichte schreiben 
aus verzweiflung
essen kochen
aus verdreiflung
so wirst du 
verlogen und fett
das eine geht nicht
da andere gibts nicht. 


Donnerstag, 25. Januar 2018

bruchloses aufbrechen, wohin

Wer kennt den weg,
der zum weg führt,

der weg führt?

dass wir
gefahren umfahren
ins ungefährliche ungefähr
bruchlos aufbrechen
zu zweit abzweigen
vom ast,
auf dem wir sitzen.



Mittwoch, 24. Januar 2018

Glauben und Wissen

Das winzige boot des wissens
geflochten aus trockenen binsen
schaukelt bedenklich
auf dem tosenden ozean
des unbekannten
in seiner tiefe tummeln sich
archaische geschöpfe
urwild, verlockend, bedrohlich,
und über ihm spannt sich
der himmel der illusionen
nur die allbekannte taube
des glaubens flattert fröhlich
durch diese
unsäglichen metaphern
und kackt der realität
einen dicken klecks kitsch
auf den kopf.

Dienstag, 23. Januar 2018

Unerreichbar

Im traum träume ich
dass ich im traum träume
einen traum zu träumen
vom guten leben.

Vögel

Die vögel
ich sehne mich so
nach den vögeln
engel des frühlings
sänger des lichts
 propheten der leichtigkeit
lachende

Montag, 22. Januar 2018

Kreatur und Kotze

Nun also lieben
die lieben christenmenschen
diese erde
und nennen schöpfung,
was doch nichts anderes ist
als durch und durch murks
eine zumutung für jedes
denkende wesen,
von fühlen ganz zu schweigen.
Wo ist der ekel hin
vor diesem ort von schmerz und scheisse?
Wo ist die lächelnde verachtung hin,
mit der die alten sungen
von der neuen kreatur?
Ich fürchte ja
der ekelfürst, der fliegenking
und versezitierer wie keiner,
der große arsch der unschöpfung,
sitzt nun nicht mehr draußen
und umringelt mit listiger zunge
verbotene bäume.
Dort saß er nie.
Er war immer schon
unser innen
und darum verhasst,
weil er unseren rücken
krümmte.
Ich ahne nur
er sitzt nun als süßes gift
moralinsaurer liebe
ganz tief im seelenschlund
und redet uns ein
der tod sei nicht schlimm
und nur öko könne uns retten,
es gäbe den supersex,
wenn wir nur frei wären
und wir hätten doch
im kofferraum keine zweite erde
wenn wir nur viele kleine schritte tun.
Ich fürchte nun doch
der teufel hockt im kitsch
und belohnt uns für falsche gefühle
für falsche dinge
mit noch falscherer hoffnung:
wir könnten retten,
liebten wir nur mehr!
So lieben wir die erde
und blicken besoffen zu boden
der himmel  ist nur noch
universum.
Zarathustra lacht sich ins fäustchen
Wir ekeln uns
vor dem falschen
und erbarmen uns erbärmlich
gegen den ekel
hilft keine ethik
nur beten
um liebe
wir können nicht lieben,
wenn wir ehrlich sind:
wir können nur kotzen.
Aber ER wischt sie auf, unsere kotze,
und hält uns den kopf
über die metaphysische schüssel.
Denn das ist
erbarmen.
Wann hört das endliche
nun endlich
mal auf?

Sonntag, 21. Januar 2018

Episches Essen

Heute bratwürstchen.
Nicht gegrillt, sondern altmodisch
in der pfanne gebraten.
Mit viel öl
und ein paar ausgelassenen speckgrieben.
und zwiebeln.
Auch wenn ich mir hinterher
den hintern fusselig furze.
Was heißt schon gesund.
Wenn ich tot bin,
nützt mir gesundgewesensein auch nichts.
Wenn ich’s recht bedenke
muss noch butter
in den kartoffelbrei
“gute butter”.
Lieber lachend in den untergang
als säuerlich gelebt.
Auf die barrikaden  gehen
lohnt sich nur
in der hölle.
Hie zunieden
(lehrersprechzitat, semiwitzig)
braucht es
glückliche helden.

Kowalski flucht

Kowalski zeterte die ganze Zeit. “Wo kommen die Idioten alle her,
um die Uhrzeit, ham‘ die kein Zuhause usw. usw.“. Er stand nämlich im Stau,
wie er das nannte. Es war nur eine Stockung vor der Ampel.
„Können die nicht Busfahren, alles so Büroheinis und Wichtigtuer,
da, schau ihn dir an, da, den Typ im Audi“, zu seiner Frau gewandt,  „sitzt die
ganze Zeit in der Karre und quatscht vor sich, Handyaffe.“
Als Kowalski kurz in den Rückspiegel schaute, zwinkerte ihm
sein rechtes Auge zu. Kowalski war etwas irritiert.

Freitag, 19. Januar 2018

Tag

Nach einer bescheuerten nacht
(weiß der teufel warum ich
drei stunden wach lag.
Aber schöne musik gehört.
Sie spielten mal wieder nur für mich,
in meinem biberbettwäschekonzertsaal
hustet und pupst niemand),
gerädert aufgewacht
(mit kopfhörer im ohr
was echt weh tut)
wieder weggeschlafen.
Wieder aufgewacht und
viel zu spät und egal
wenigstens ausgeschlafen.
Zeitung tee frühstück.
Draußen schnee und überhaupt.
Bin grade mal froh
dass ich nicht mit mir reden muss.
Der bildschirm räuspert sich
und glotzt mich frech an.
Dir zeig ich’s,
lasse mich nicht von einer Maschine
tyrannisieren.
Und in drei Stunden
hat es mir predigt andacht besinnung
exzerpt gliederung
e-Mails tweets (meistens gelöscht)
rausgehauen.
Immer wieder cool
den fingern
beim schreiben  zuzuschauen
man muss sie nur machen lassen
und sich möglichst wenig einmischen
in kopf sind bloß geröll
und ausgedachter hirnkram
interessiert kein schwein
am wenigsten mich
und ich muss es schließlich
als erster lesen.
Draußen ist wetter
hier qualmt die pfeife
(ich kann mir ja nun
die edlen kräuter leisten
das hat mit rumpaffen nichts zu tun)
brennende muse.
Und schwupp
(nee, nicht schwupp,
sondern  mit bedacht)
Mittag
reis gemüse
geschirrspüler geklirrspieler
mal fegen, essen rülpsen kacken
(sorry)
kaffee, sessel. lesen.
Geld überweisen.
Glotze.
Ein trostreiches süppchen,
reden mit den andern,
die hier auch wohnen.
Bücher, schule, klugscheisserkram.
Jetzt liege ich hier
irgendwie zwischen müde und wach
Wenigstens für heute
ist erstmal keiner gestorben,
vor allem ich nicht.
Ich bin dafür wirklich dankbar.
Nennt mich
einen glücklichen menschen.

Sex

Zwischen der fünf,
der eckigen zahl,
und der irgendwie
elegant- tänzelnden sieben
steht die üppige sechs
im deutschen ein wenig verschämt
mit keuschem „ch“.

Donnerstag, 18. Januar 2018

Arschloch

Einst wurde gewürdigt
von einem des würdigens würdigen*
was es herauswürgt
und wunderlicherweise
zum bilde wurde
für vielerlei unbass.

Doch mehr noch ist schändlich
dass diese freundlich öffnung
an deren nichtsein allein schon zu denken
eine unsägliche pein ist
zum bilde wird
für den unsäglichsten der menschen.
Im grunde der ehre zuviel
für den, der gemeint ist.

Doch obacht:
Es ist auch
ein in sich gekrümmtes
paradoxes gesage,
eines hegels würdig:
wer es im mund führt…



*

Montag, 15. Januar 2018

Apokalypse

Draußen türmt der sturm winde
zur kathedrale der elemente .
Der regen verknirscht
rhythmisch im pfeifen der wolkenorgel
in eisige hostiengeschosse;
die erde geht furchtsam auf die knie
und faltet schlotternd die baumfinger
zum rettenden gebet,
während ich
in meiner festen burg
gelassen ins feuer starre:
hölle im kamin.
Das ende bleibt fern
solange der sturm
blätter scheucht
über gräber.

Sonntag, 14. Januar 2018

Wahre Männlichkeit

Kowalski hasst moderne Autos. „Fahrende Thermomixe“, hat er irgendwo
aufgeschnappt. Damit ärgert er auch seine Frau, wenn die von
dem Gerät erzählt, das fast alle in der Verwandschaft besitzen.
„Wer was kann, braucht so einen amerikanischen Mist nicht. Richtige Männer können Autofahren: Gas, Kupplung, Schalten. Fertig. Richtige Frauen können kochen: Kartoffeln, Soße, Braten.“
 (Seit er es mit der Gicht zu tun hat, fährt er freilich einen Automatik.
Und die Hämorrhoiden lieben die Sitzheizung. Dass die
Klimaanlage dauernd läuft, merkt er gar nicht.
Die Einparkhilfe nutzt er aber nur,
wenn Hilde nicht mit drin sitzt).

Samstag, 13. Januar 2018

Fallobst

Wörter wachsen
bekanntlich auf Bäumen
und fallen,
wenn sie reif sind,
herunter.
Wer sie pflückt
macht sie kaputt,
bleiben sie liegen
verrotten sie
zu kitsch.
Willst du wahrhaftig sein,
so lege dich
mit offenem mund
unter einen
wörterbaum.
Natürlich:
man muss wissen,
wo sie wachsen.

Aufschrei, meta

Man müsste mal
nichts müssen müssen
oder sollen sollen
auch nichts lassen lassen
oder wollen wollen
dürfen dürfen
lieber
einfach leben.

Freitag, 12. Januar 2018

Ennui

Im radio läuft dudel
frauchen kämmt den pudel
auf dem herde bratkartoffeln
am himmel wolkenpanroffeln

Alte blätter wirbeln rum
im keller fällt ein reissack um
die gardinen wehen nicht
im klo brennt noch das spiegellicht

die tapete räkelt sich
und die lampe ekelt sich
So gehts, tagein tagaus
Langweile ist ein graus



Kinderzimmer

Heute Nacht träumte ich davon, im Pfarrhaus ein Kinderzimmer für mich einzurichten. Mit einer schönen gemusterten Tapete (wie ich sie liebe), schweren Möbel im „altdeutschen“ Stil und Butzenscheiben, zugleich aber ein Flatscreen über die gesamte Wand, auf der anderen Raumseite ein Schrank mit meinem alten Lego, meiner Carrera-Rennbahn und - der alten Kaffeemühle, mit der ich die Holzkohle für meine Schwarzpulverexperimente mahlte. Und natürlich alle meine alten Airfixfiguren. Ich war unbeschreiblich glücklich und traurig zugleich, wie das ja im Traum möglich ist. Keine Bücher!
Keine weitere Pointe.
Außer vielleicht: Ich hatte nie ein Kinderzimmer in diesem Sinne. Ich hatte ein winziges „Spielzimmer“, das aber auch andere Aufgaben erfüllen musste, und im ersten Stock ein reines Schlafzimmer. Hausaufgaben habe ich am Küchentisch gemacht, später habe ich im Heizungskeller einen Basteltisch bekommen. Darüber habe ich mich schon im Traum gewundert. Ich habe weder  als Kind noch als Jugendlicher den Wunsch nach einem Zimmer verspürt: Wir lebten in einer Art Appartmentsituation, die Privatsphäre war kein Raum, sondern eine Sphäre des In-Ruhe-gelassen-werdens, mein Bett war mein Rückzugsraum. Wieso träume ich jetzt von einem Kinderzimmer, wo ich doch jetzt ein sehr schönes Arbeitszimmer habe, das meinem Ideal schon sehr nahe kommt? Ich werde wunderlich.

Donnerstag, 11. Januar 2018

metoo

Kowalski liest Zeitung mit unbewegtem Geischt (meint er jedenfalls).
Ich hätte nichts dagegen,
mal ordentlich belästigt zu werden.
Am bestenvon der ewig angeschickerten,
nicht mehr so ganz taufrischen Russin im Versand.
Seine Gedanken schweiften ab und seine Frau sah
den Blick, der sie schon immer sehr verunsicherte.


Mittwoch, 10. Januar 2018

Vorstadt, mit Tram durchquert.

Beton.
Betonierte betten.
Bunte balkone.
Betonierte bettenbalkone.
Fenster
finstrere fenster
kristalliner beton
grauer gardinen.
Blumentöpfe träufeln
tonlose farbe: gardenien.
Efeu darf grün kämpfen.
Erstarrte matschrasenflecken
zeigen gebeine der erde,
vorm himmel
gilben grünlich
bronzekreuze auf
gutgemeintem backstein:
ora pro nobis
fenster für fenster
schmerzensreich
die hütte gottes
betonierte gebete.
Faltige kioske
betonbröckelig
messinggelb pockig geschminkt:
Bier, bild, frikadelle
Döner, dürüm, dope.
Betonierte betten
tonloses gebet:
schlaflitanei
endstation amen.




Schlichte Wut in schlichten Versen

Das geld
das die welt
regiert
negier
es ist das geld 
das die welt 
entstellt
denn solches geld 
ist kalt
kauft gewalt 
scheißt auf wahrheit
erbarmen und klarheit
das recht
wird sein knecht
verbogen 
verlogen
ist unverhohlen
gestohlen,
dumm und dreist
falsch und feist
stehen auf dem sockel
ziege und gockel.
Milliardäre
beflecken die ehre
des menschengeschlechts
als beuger des rechts
zerstörer von nähe.
manch einer sähe
sie gerne
an der laterne
ist reichtum zu krass
sät er den hass
oder viel schlimmer
vermeintlichen schimmer
von glück und gelingen
und lässt sich besingen.

Auch in mir wächst die wut
weg mit der brut.
Denn ich finde:
das 
ist sünde.





Dienstag, 9. Januar 2018

zeit

Im verwenden
verwindet sie sich.
Im verschwenden
verschwindet sie:
Schwester des todes
feindin der lust,
elendstes der geschöpfe,
was ein trost ist:
die zeitlichkeit der zeit
 schwundes schwund
nur ein wind.

Montag, 8. Januar 2018

Drängendes gebet

Am hellsten funkeln die sterne
in der frostluft einer eisigen nacht.
Die sonne strahlt am allerhellsten
in der sengenden hitze der wüste
und nirgends ist durst so quälend
als wasserlos auf der öde des meeres.
Wir bewundern, Schöpfer, deine wunder
doch dieses rätstel musst du lösen
und besser noch, beenden
und sage nicht, leben käme aus tod
wer wüsste besser als du
das leben aus leben kommt?
Warum also die not
des guten am bösen?

Elektrizität

in meinen adern fließt strom
der odem des bernstein
(erstarrtes blut sterbender bäume
jahrmillionengepresstes kristallharz
gerieben versprüht es die kraft
der dinge,)
zieht an, stößt ab,
treibt gebändigt
maschinen
(ohne die ich
längst tot wär)
In meinen adern
fließt strom
der geist des Bernsteins
und mein geist
ist elektrisch
ohne atem wäre ich auch nur
eine maschine
aber wer weiß
im gehirn erkennt sich
der strom
(welleteilchenwelle
du siehst, was du fragst)
als sich selbst
und verbirgt sich
hinter dem Schleier des geistes.
Denken ist nichts
als gewitter im schädel
und in meinen adern
fließt strom
als käme er
von gott.
Am ende
ist alles
elektrisch. 

Sonntag, 7. Januar 2018

Ängstekalender

Der abend davor
ist der abend
nach dem abend
vor dem abend davor
der der abend nach dem morgen war
der alles veränderte:
morgen!
Denn übermorgen
beginnt,
was vorgestern zu beginnen
begonnen hat:
dass es nie mehr aufhört.
Was auch immer.

Kowalski, der Avantgardist

Kowalski interessiert sich nicht
für das internet.
Er kauft seine “sexfilme“
(so seine Worte)
auf dvd am bahnhof
und schreibt
leserbriefe
mit der hand
wie „alte deutsche“
es eben so machen.
Ansonsten reicht ihm
die tagesschau für sein tägliches pensum
kopfschütteln.
Kowalski ist moderner
als er selber
von sich glaubt.

Winterspaziergang in der Aue


Der see ist verbleit.
Verfrorene enten paddeln freudlos
starren ins leere.
Unter den schuhen quatscht nasses gras
bleifarbene bäume erstarren
am ufer der matschigen wege
wolkentürmend schiebt sich
unter den freudlosen augen der  sonne
der himmel in die erde
verschlungener horizont.
In einer fremden sprache
quatschen zwei betrunkene
ihr unverfrorenes lachen
rollt wie heller donner
bricht sich an scharfen matschkanten
eine quietschende schaukel
nölt dazu cantus firmus
ohne lachendes Kind
untergangskitsch eines b-movie winters.
Im see steht still und starr
eine  anglerin
mit fahlgelber gummihose
heute beißen die fische
aus reiner verzweiflung.
Wärme und licht spendet
die glut meiner zigarre.

Samstag, 6. Januar 2018

Der Kowalski-Schnitzel-Koeffizient

Kowalski hatte
würde er das wort kennen
sagen, er habe
einen versonnenen moment
beim schnitzelessen gehabt.
Von seiner frau wollte er wissen
was so ein schnitzel wiegt
nehmen wir 200 gramm,
wegen leichter rechnen.
Ihren blicken hielt er stand
wie schon seit 40 jahren.
Aus der tischschublade kramt er
einen vergilbten block
und einen bleistift heraus. 
Wenn jeder deutsche
rechnet er
einmal in der woche
ein schnitzel isst
dann sind das
80 millionen schnitzel.
das sind dann
16 millionen kilo.
Das sind
160.000 schweine
nur für schnitzel,
lass so eine sau,
wegen leichter rechnen,
zwei zentner wiegen.
Da sind leberkäse und bratwurst
noch gar nicht dabei.
Und nur einmal in der woche!
Er starrt ungläubig auf die zahlen.
Kowalski beschließt,
alle zu hassen,
die gegen massentierhaltung sind:
die können nicht rechnen. 


Das Kowalski-Paradox

Kowalski kann
kluge leute
nicht ausstehen.
Er hält sie
für dumm.

Das Kowalski-Problem

So sehr freut sich Kowalski
auf den ersten schluck kaffee am morgen!
Voller vorfreude  geht er
immer zeitig ins bett
so überlistet er zugleich
den kleinen tod der nacht
vor dem er sich eigentlich fürchtet.
Doch!
Vor erwartung kann er kaum schlafen
er ist dann am morgen so müde
dass er den ersten schluck
förmlich verpennt.
Vom leben ohnehin schon genervt
empfindet er das als gemeinheit.
Jetzt wisst ihr,
warum Kowalski so ist, wie er ist:
Ein unleid
aus unerfüllter sehnsucht.


Freitag, 5. Januar 2018

Auferstehung

Die müdigkeit
die gähnungslose müdigkeit
der erschöpften gene
dreht die metapher.
Auferstehung:
morgendlicher Sieg
über die schwerkraft
und die Lockung
des federpfühls,
auferweckung kommt
immer zu früh.
Hoffnung nun:
Das gottesreich
kennt keinen wecker
und nächtlichen klogang
und der gang aus dem grab
lässt mir zeit zum erwachen.

Donnerstag, 4. Januar 2018

Kowalski liest Zeitung

Hermann Kowalski liest in der Zeitung.
Man will ja informiert sein!
Herrmann Kowalski weiß,
dass vieles so nicht war,
wie es da steht.
Doch seine
Glaubensbereitschaft ist hoch
vor allem für das, was er längst weiß
oder hätte wissen können
hätte ihn wer gefragt
Herman Kowalski ist nämlich schlau:
das merkt er jeden Morgen,
wenn er die Zeitung liest
und kein wort glaubt
von dem,
was er nicht weiß.

Mittwoch, 3. Januar 2018

Kino

Bunte schatten
nichts als schatten von schatten
schattenhafte schatten
der lüge verhaftete bilderbilder
eingebildeter bilder
alles nichts als licht
und rattern
 bioelektrochemie
geliehenes sein auf der netzhaut
wahr nur kopfstehend im auge
zurechtgerechnete Welt
gefesseltes Auge
körperlich körperlos
sich schichtende geschichten
ein leben in zweieinhalb stunden
dem bild vom sein und tun
verhaftet gefangen im trug
kolossaler kulissen
hirngaukeleien
raum im getöse versenkt
und geschaffenen zugleich
breitet sich im dunkel
und vorne mehr schicksal
als an einem sessel haften kann
gefangen im schein
die fessel vergessen
aus der haft entlassen
unbeweglich frei im schein:
Platos Traum!
Aber mit Spaß

Dienstag, 2. Januar 2018

Urlaub

So geht das:
Sitzen und die wand anstarren.
und im freestyle- climbing hinab
in die schluchten und täler
der eigenen seele.
Immer mal wegnicken
einfach so
keine timeline
(nur die bekannte deadline
die alle verrückt macht).
Raufaser ist voller muster  und formen:
traumleinwand millionenfach
ungedrehter filme
meine pflanzen zwinkern mir zu.
Ein stilles haus
dröhnt und rattert und knarrt
wenn man ihm mal zuhört.
Die katze liegt schnurrend neben mir
absurd verrenkt dösend
ein auge auf mich gerichtet
(sie hasst mich, aber braucht mich.
Ich neide ihr die kunst,
überall herumzuliegen
sie lebt ohne rechtfertigung
also glücklich).
Der pyjama geht locker durch
als smoking,
der morgenmantel
(kitschiger nickiflausch)
bed to go.
ach ja, überhaupt
rauchen, die edlen kräuter
im edlen rauchholz
müssen atmen und
die sinne aromatisieren
scheiß auf den tod.
Das radio erzählt mir
schlechthin mühelos
ohne bildschirmgezappel
von glanz und elend der erde
was zu wissen reicht
und den verdruss zu nähren,
ansonsten ein bisschen viel mozart
und kulturgefasel
bildungsspaß
glotze fürs ohr.
aber arte!
Wenn’s zu blöd wird
jazz aus dem iPhone
am liebsten die sanft groovenden
schweden und dänen
und finnen und norweger.
Tramfahren just for fun.
cruisen.
Essen
wenn ich es koche
könnte ich gut drauf verzichten.
Adams Fluch Arbeit.
Frühstück ans bett
mein unerreichbares paradies.

„Was machst du im Urlaub?“
Schon die Frage
macht mich rasend.

Montag, 1. Januar 2018

Neujahr

Das alte Jahr zuckt noch.
Gelegentlich knallt es draußen
Auf WhatsApp treffen späte wünsche ein
im kühlschrank noch essen von gestern.
Und sonst?
Nichts
nur ein logo
getauscht
geschichte wird neu geträumt.
Neujahr ist
der schwindel
vom anfang. .

Silvester, deutsch

Man möchte ja niemals
Im krieg  aufgewachsen sein
In dieser nacht schon gar nicht.
Der Krieg auf den straßen
nun auch am himmel:
Teutonische jahreswillkommenskultur
Knallen und schießen
sind hier genetisch
freudig befeuert vom allseits geschätzten konsum
(made in china ist patrioten
grad mal nicht wichtig).
Das dorf gegenüber
(Hanglage, schwer und teuer idyllisch)
ist ein tosender
brüllender, wogender, sprühender
Vulkan aus buntem gewitter.
Am teuersten ist wohl blau,
das sieht man ganz wenig
außer im funkelndhektischen blinken
der nun ausrückenden feuerwehr
um 00.24 uhr
(Ließ: null null punkt zwo vier Uhr
Sonst geht der rhythmus zum teufel
wie schon das feuerwerk selbst
jeglicher rhythmischer schönheit entbehrt
eine ruppige trommelei
ohne jegliche grazie des tanzes
jener kunstvoll knallenden sterne
entzündet von wirklichen könnern
voller ehrfurcht vor den mächten des pulvers).
Die dämonen,
die verscheucht werden sollen
sind in  wahrheit am werke:
Feuer und suff
in männerhand.
Man möchte ja niemals...