Sonntag, 11. März 2018

Trinität und Digitalisierung




Im 20. Jahrhundert starb der „Autor“: letzte Auswirkung des Buchdrucks. Im 21. Jahrhundert stirbt das „Publikum“: erste Auswirkung der Digitalisierung. Im Grunde die urprotestantische Vision des allgemeinen Priestertums. Theologisch hochinteressant.

Gottesbilder reflektieren ja immer die auch soziale Situation. Da haben Trinitätslehre und Christologie schon rein begrifflich ein sensationelles Repertoire: Perichorese, Communicatio idiomatum, inhabitatio, die stautslehre, die siebenstufige unio mystica.

Dafür hätte ich gern mal die Zeit und, naja, die intellektuelle Kapazität. Hat die Trinitätslehre denkerisch und begrifflich unseren modernen Begriff der Symmetrischen, Herrschaftsfreien Kommunikation vorbereitet? Folgen wir hier einer „Spur“, die hinter Hegel zurückführt?

Stellt man die Frage so, ist sie eigentlich zu bejahen. Hegel wird m.E. viel zu wenig in dieser Tradition wahrgenommen. (so weit ich das beurteilen kann: ich kenne das alles nur sehr wenig. Aber die PhdG habe ich nur wenigstens erahnen können, weil ich die protestantisch-orthodoxe Anthropologie und Christologie kannte). Der Streit Tübingen/Gießen hat ein Begriffinventar zur Beschreibung instantaner Gleichzeitgkeit widersprüchlicher Bestimmungen generiert, der kaum zu toppen ist.

Wieviel davon nutzen wir bis heute? Haben wir ein christologisch/trinitarisches Verständnis von Kommunikation, das in der Digitalisierung zu sich Selbst kommt?

Wieso steht die Theologie nicht denkerisch an der Spitze und überlässt ihrem säkularen Zwilling, der Soziologie, das Feld? Weil wir unsere Tradition nicht als Pool, sondern als Fetisch behandeln und uns so intellektuell permanent unterfordern.

Effekt: wir werden genau für so dämlich gehalten, wie wir uns (oft sogar: künstlich [moralisierend falsch verstandene Kenose]) anstellen. Es gibt nachvollziehbare Gründe, sich der Digitalisierung lebenspraktisch zu verweigern. Aber denkerische Verweigerung ist ein NoGo. Die Kirche der Kommunikation (des sich ereignenden Wortes!) sollte hier an der Spitze sein. Das „Netz“ ist ein „Ort“ permanenter Performanz. Woher kennen wir das noch mal theologisch?

Ein wenig absolute Hard-Core-Lektüre dazu, falls jemand es GANZ genau wissen will: 

Der Tübigen-Gießener Streit um die Kenosis